ALTERNATIVE FINANZIERUNGSFORMEN
FÜR UNTERNEHMER UND INVESTOREN
3 Fragen an kluge Köpfe

Internationale VCs haben deutsche Startups im Visier

Dazu 3 Fragen an Marc René Spitz

LLM, Green­Gate Partners
Foto: Marc René Spitz
27. April 2023

Im deutsch­spra­chi­gen Raum ist häufig zu beob­ach­ten, dass zwar die Seedrun­den von deut­schen Inves­to­ren finan­ziert werden, jedoch in der Wachs­tums­phase sich dann inter­na­tio­nale VCs schnell sehr präsent machen und einstei­gen. Die deut­sche Forschund & Entwick­lung gehört nach wie vor zu den besten der Welt und ist begehrt.


Dazu 3 Fragen an Marc René Spitz, LLM, Part­ner bei Green­Gate Partners.

1. : Sie haben jüngst eine Seedrunde für das DeepT­ech Startup QDRANT mit inter­na­tio­na­len Inves­to­ren, wie Unsual Ventures (Cali­for­nien) abge­schlos­sen. Kommt es häufig vor, dass Seedrun­den mehr­fach über­zeich­net sind?
Norma­ler­weise passiert das nicht. In den Pre-Seed– oder Seed-Runden gibt es regel­mä­ßig einen Haupt­in­ves­tor und die übri­gen Teile der Finan­zie­rung werden meist von einer Viel­zahl von Busi­ness Angel und/oder Invest­ment­clubs aufge­füllt. Im konkre­ten Fall waren es beson­dere Umstände, die zu einer immens erfolg­rei­chen Runde geführt haben: Die Qdrant Solu­ti­ons GmbH wurde erst vor 1,5 Jahren gegrün­det, beschäf­tigt sich aber mit einem unglaub­lich span­nen­den und rele­van­ten Geschäfts­feld. Die Soft­ware der Gesell­schaft ist eine quell­of­fene Vektor­da­ten­bank sowie Vector Search Engine. In dem momen­tan äußerst gefrag­ten Feld der künst­li­chen Intel­li­genz helfen Vekto­ren, unstruk­tu­rierte Inhalte wie Texte, Bilder oder Videos aufzu­fin­den und verfüg­bar zu machen. OpenAI, die Firma, die hinter ChatGPT steckt, empfiehlt zur Suche über Vekto­ren unter ande­rem Qdrant.  — Als weite­rer Grund darf der Haupt­in­ves­tor genannt werden, der einen erfolg­rei­chen Track Record für Tech­no­lo­gie­invest­ments hat. Dies führte zu einer Sogwir­kung, da auch andere Inves­to­ren von außen eine fakti­sche Vali­die­rung der Idee und des Busi­ness Case gese­hen hatten. Die Finan­zie­rungs­runde wurde inner­halb von sechs Wochen von Term Sheet bis Signing umge­setzt. Dies sprach für den Willen aller Betei­lig­ten, rela­tiv wenig Zeit mit den recht­li­chen Details und mehr Zeit mit der wirt­schaft­li­chen Entwick­lung zu verbrin­gen. Ein weite­res gewich­ti­ges Indiz für eine groß­ar­tige Entwick­lung der Gesell­schaft. Sollte sich der Markt für künst­li­che Intel­li­genz auch nur annä­hernd wie prognos­ti­ziert entwi­ckeln, reden wir hier über ein Unter­neh­men, welches in zwei bis vier Jahren ein Einhorn sein könnte. Diese Finan­zie­rungs­runde verdeut­licht auch einen Trend, der mit dem Ende des billi­gen Geldes im Q3 2022 einge­setzt hat, nämlich, dass die VC-Inves­to­ren insge­samt noch sorg­fäl­ti­ger auf die Art des Invest­ments achten. Daher wird die breite Masse an Start-Ups es schwe­rer haben, Finan­zie­run­gen zu erhal­ten, die viel­ver­spre­chen­den Start-Ups aber im Gegen­zug noch stär­ker umwor­ben werden. Die Start-Ups, die wir bei Green­Gate aus unse­rer tägli­chen Arbeit vor allem aus den Start-Up-Hoch­bur­gen München und Berlin erle­ben, verfü­gen über äußerst inter­es­sante Tech­no­lo­gie­pro­dukte und Geschäfts­mo­delle, die mittel- bis lang­fris­tig der deut­schen Wirt­schaft gut tun werden.
2. Wie kommt es, dass sich zwar deut­sche Angel­in­ves­to­ren bei Start­ups enga­gie­ren, jedoch in den begin­nen­den Wachs­tums­pha­sen dann bereits bekannte, inter­na­tio­nale VCs vor der Türe stehen?
Die Welt ist klei­ner gewor­den und Lösun­gen von Tech­no­lo­gie­un­ter­neh­men, die in Deutsch­land funk­tio­nie­ren, können auf der ganzen Welt funk­tio­nie­ren. In diesem Bereich gibt es weder Sprach­bar­rie­ren noch Hemm­nisse wegen Landes­gren­zen. Inso­fern kann leich­ter inter­na­tio­na­les Geld ange­zo­gen werden. Warum es keine deut­schen VC-Fonds gibt, die mit „tiefen Taschen“ in den späte­ren Finan­zie­rungs­run­den einstei­gen, lässt sich kaum eindeu­tig beant­wor­ten. Meines Erach­tens liegt es auch an der Schwie­rig­keit des Exit via IPO. Wenn man älte­ren Markt­teil­neh­mern zuhört, war die Erfah­rung der Pleite des Neuen Mark­tes um die Jahr­tau­send­wende wohl prägend und hat die Bereit­schaft zur Einrich­tung einer deut­schen Tech­no­lo­gie­börse (ähnlich der Nasdaq) erheb­lich gemin­dert. Zum Glück hat die Poli­tik diese Lücke gese­hen und unter ande­rem den DeepT­ech & Climate Fonds mit einer Milli­arde Euro Volu­men aufge­legt. Das macht zwar Hoff­nung, ersetzt aber nicht die Notwen­dig­keit von priva­ten Geldern. Dass es Unter­neh­men für eine solche Tech­no­lo­gie­börse gäbe, ist hinrei­chend bekannt und wird auch konti­nu­ier­lich vali­diert; zum Beispiel die gerade erst erfolgte stra­te­gi­sche Lizenz­ver­ein­ba­rung zwischen der Tubu­lis GmbH aus Martins­ried und Bris­tol Myers Squibb mit einem Volu­men bis zu einer Milli­arde US-Dollar spricht dafür eine deut­li­che Sprache.
3. Ihr ande­rer Schwer­punkt liegt bei Health­care. Welche Trends beob­ach­ten Sie in diesem Sektor?
Der Health­Care-Bereich in Deutsch­land ist unglaub­lich span­nend. Den Start-Ups aus diesem Bereich wird es aber unnö­tig schwer­ge­macht. Vorzei­ge­un­ter­neh­men wie die Wells­ter Health­tech Group, Virto­nomy, Perfood, die Sanity Group oder auch Mushlabs haben extrem gute Geschäfts­mo­delle, können sich aber nicht ausschließ­lich auf die Pati­en­ten konzen­trie­ren, sondern müssen erheb­li­chen Aufwand betrei­ben, um den gesetz­li­chen Anfor­de­run­gen nach­zu­kom­men. Es ist voll­kom­men klar, dass im Health­Tech-Bereich andere Regeln als zum Beispiel bei einem Strea­ming­dienst gelten müssen, das bezwei­felt auch niemand. Um aber wirk­lich die Gesund­heit der Menschen zu verbes­sern und Deutsch­land auch in Zukunft zu einem Leucht­turm an medi­zi­ni­scher Versor­gung machen zu können, müss­ten sich diverse Grund­ele­mente des Gesund­heits­sys­tems ändern. Als Außen­ste­hen­der sehe ich hierzu eher eine geringe Bereit­schaft. Das ein oder andere Phar­ma­un­ter­neh­men würde sich eher eine deut­li­che Bewe­gung zu mehr Forschung und Entwick­lung und weni­ger Verwal­tung wünschen. 

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