ALTERNATIVE FINANZIERUNGSFORMEN
FÜR UNTERNEHMER UND INVESTOREN
3 Fragen an kluge Köpfe
Foto: Tanja Bodewein

Diversity — Wie Finanzdienstleister auf den politischen Kurswechsel in den USA reagieren

Dazu 3 Fragen an Tanja Bodewein

Board Xperts
Foto: Tanja Bodewein
2. Juli 2025

Seit Mai 2021 ist die Spanie­rin Belén Garijo CEO des Darm­städ­ter Chemie- und Phar­ma­kon­zerns Merck. Die erste Frau, die einen Dax-Konzern führt. Bettina Orlopp führt die Commerz­bank seit 2024. Hete­ro­gene Teams, die sich durch Viel­falt auszeich­nen, sind Trei­ber für Inno­va­tion, Wissen und Vorsprung, wie viele Unter­neh­men erkannt haben.


Dazu 3 Fragen an Tanja Bode­wein, Part­ne­rin bei Board Xperts mit einem Fokus auf Finance & IT Leader­ship, mittel­stän­di­sche Indus­trie- und Fami­li­en­un­ter­neh­men sowie Private Equity

1. Hat das poli­ti­sche Klima in den USA unter Trump Auswir­kun­gen auf Diver­sity-Initia­ti­ven – auch in der Finanzbranche?

Ja, vor allem für US-ameri­ka­ni­sche Banken und Finanz­dienst­leis­ter ist der Rich­tungs­wech­sel spür­bar. Seit Januar 2025 hat die US-Regie­rung unter Donald Trump mit Execu­tive Order 14151 sämt­li­che staat­lich geför­der­ten DEI-Programme unter­sagt. Unter­neh­men mit Bundes­ver­trä­gen oder regu­la­to­ri­schen Verpflich­tun­gen gera­ten unter Druck – und reagie­ren. Es werden DEI-Programm in DOI (diver­sity, oppor­tu­nity, inclu­sion) umbe­nannt, interne Schu­lun­gen gestri­chen, „Diver­sity“ durch „Talent Manage­ment“ ersetzt. Außer­dem werden Board-Diver­sity-Richt­li­nie zurück­ge­zo­gen bzw. DEI-Programme natio­nal ausge­rich­tet und/oder auf dem US-Markt eingestellt.

Der Rück­zug erfolgt dabei nicht nur aus recht­li­cher Vorsicht, sondern auch aus stra­te­gi­schem Kalkül: Unter­neh­men wollen sich nicht zwischen poli­ti­schen Fron­ten positionieren.

2. Warum setzen viele Banken, Versi­che­rer und Asset Mana­ger dennoch weiter­hin auf Diversity?

Weil sie wissen: Viel­falt ist kein poli­ti­scher Trend, sondern ein ökono­mi­scher Vorteil. Studien und Erfah­run­gen zeigen, dass divers zusam­men­ge­setzte Teams Risi­ken diffe­ren­zier­ter bewer­ten, Inno­va­tio­nen schnel­ler voran­trei­ben, effi­zi­en­ter arbei­ten und resi­li­en­ter auf vola­tile Märkte reagieren.

Gerade im Finanz­sek­tor, wo Vertrauen, Trans­pa­renz und nach­hal­tige Unter­neh­mens­füh­rung entschei­dend sind, bleibt Diver­si­tät ein zentra­ler Bestand­teil der ESG-Stra­te­gie. Insti­tu­tio­nelle Inves­to­ren – von Pensi­ons­fonds bis Private-Equity-Häuser – erwar­ten weiter­hin belast­bare DEI-Ziele. Und sie hinter­fra­gen die Zusam­men­set­zung von Aufsichts­rä­ten längst nicht mehr nur hinsicht­lich Geschlecht, sondern auch mit Blick auf Alter, Erfah­rungs­hin­ter­gründe und kultu­relle Diversität.

3. Wie verän­dert sich die Umset­zung von Diver­sity aktu­ell – und was bleibt als Fazit?

Der Trend geht weg von Symbo­lik – hin zu Substanz. Während poli­ti­sche Maßnah­men in den USA Diver­sity-Programme brem­sen, entwi­ckeln euro­päi­sche und global aufge­stellte Finanz­häu­ser ihre Stra­te­gien weiter. Alters­di­ver­si­tät und neuro­di­verse Talente rücken verstärkt in den Fokus, Unter­neh­men inves­tie­ren in inklu­si­ves Leader­ship, lang­fris­tige Talent­för­de­rung und die Veran­ke­rung von Diver­si­tät in Invest­ment­ent­schei­dun­gen. Die DEI-Agenda wird in vielen Fällen bewusst inter­na­tio­na­li­siert, um sich dem US-Druck zu entziehen.

Das Fazit: Trotz poli­ti­scher Rück­schläge in den USA bleibt Diver­sity ein stra­te­gi­sches Thema – insbe­son­dere für die Finanz­bran­che. Wer Viel­falt nicht nur prokla­miert, sondern struk­tu­rell veran­kert, sichert sich klare Wett­be­werbs­vor­teile in einem Umfeld, das von Trans­for­ma­tion, Unsi­cher­heit und wach­sen­dem ESG-Druck geprägt ist.

Dabei zeich­net sich eine neue Entwick­lungs­phase ab: weg von Über­re­gu­lie­rung und Symbol­po­li­tik – hin zu geleb­ter Norma­li­tät und wirkungs­ori­en­tier­ter Umset­zung. Viele der bishe­ri­gen DEI-Programme verfolg­ten gut gemeinte, aber teils über­am­bi­tio­nierte Ziele, die nicht immer auf breite Akzep­tanz stie­ßen. Heute gewin­nen greif­bare, erfolgs­kri­ti­sche Dimen­sio­nen an Bedeu­tung – etwa Inno­va­ti­ons­fä­hig­keit, Risi­ko­kom­pe­tenz, Führungs­kul­tur und Teamperformance.

Unter­neh­men setzen zuneh­mend auf ein nach­voll­zieh­ba­res Augen­maß, das sowohl Beleg­schaft als auch Stake­hol­der über­zeugt. Diver­sity wird damit nicht nur selbst­ver­ständ­li­cher Teil der Unter­neh­mens­kul­tur, sondern auch Ausdruck moder­ner, zukunfts­fä­hi­ger Führung. Gerade in einem umkämpf­ten Arbeits­markt trägt diese Form von glaub­wür­di­ger, inklu­si­ver Unter­neh­mens­kul­tur wesent­lich zur Stär­kung der Arbeit­ge­ber-Marke bei – und wird so zum inte­gra­len Bestand­teil lang­fris­ti­gen unter­neh­me­ri­schen Erfolgs.

 

Über Tanja Bodewein

Tanja Bode­wein berät Gesell­schaf­ter und Unter­neh­mer bei stra­te­gi­schen Perso­nal­ent­schei­dun­gen. Neben der Beset­zung von Aufsichts­rä­ten, Beirä­ten und Bran­chen­ex­per­ten bei Board Xperts berät sie im Team der Perso­nal­be­ra­tung XELLENTO Execu­tive Search auch Industrie‑, Mittel­stands- und Fami­li­en­un­ter­neh­men sowie Private Equity-Firmen bei der Beset­zung der ersten und zwei­ten Ebene.

Sie star­tete ihre Karriere in der Perso­nal­be­ra­tung TASA Inter­na­tio­nal im Bereich Finan­cial Services. 2005 macht sie sich als Perso­nal­be­ra­te­rin selbst­stän­dig. Sie gilt als erfah­rene Bran­chen­ex­per­tin mit über 20 Jahren Exper­tise in der Suche und Auswahl von Führungs­per­sön­lich­kei­ten. Ihr Fokus liegt auf der Beset­zung von Schlüs­sel­po­si­tio­nen in den Berei­chen Finanz- und Rech­nungs­we­sen, Control­ling, Steu­ern sowie der IT-Führung (CIO-Umfeld).

www.board-xperts.com

Das Unter­neh­mens­pro­fil von Board Xperts finden Sie in der FYB 2026-Ausgabe in Kapi­tel 11.

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