
Diversity — Wie Finanzdienstleister auf den politischen Kurswechsel in den USA reagieren
Ja, vor allem für US-amerikanische Banken und Finanzdienstleister ist der Richtungswechsel spürbar. Seit Januar 2025 hat die US-Regierung unter Donald Trump mit Executive Order 14151 sämtliche staatlich geförderten DEI-Programme untersagt. Unternehmen mit Bundesverträgen oder regulatorischen Verpflichtungen geraten unter Druck – und reagieren. Es werden DEI-Programm in DOI (diversity, opportunity, inclusion) umbenannt, interne Schulungen gestrichen, „Diversity“ durch „Talent Management“ ersetzt. Außerdem werden Board-Diversity-Richtlinie zurückgezogen bzw. DEI-Programme national ausgerichtet und/oder auf dem US-Markt eingestellt.
Der Rückzug erfolgt dabei nicht nur aus rechtlicher Vorsicht, sondern auch aus strategischem Kalkül: Unternehmen wollen sich nicht zwischen politischen Fronten positionieren.
Weil sie wissen: Vielfalt ist kein politischer Trend, sondern ein ökonomischer Vorteil. Studien und Erfahrungen zeigen, dass divers zusammengesetzte Teams Risiken differenzierter bewerten, Innovationen schneller vorantreiben, effizienter arbeiten und resilienter auf volatile Märkte reagieren.
Gerade im Finanzsektor, wo Vertrauen, Transparenz und nachhaltige Unternehmensführung entscheidend sind, bleibt Diversität ein zentraler Bestandteil der ESG-Strategie. Institutionelle Investoren – von Pensionsfonds bis Private-Equity-Häuser – erwarten weiterhin belastbare DEI-Ziele. Und sie hinterfragen die Zusammensetzung von Aufsichtsräten längst nicht mehr nur hinsichtlich Geschlecht, sondern auch mit Blick auf Alter, Erfahrungshintergründe und kulturelle Diversität.
Der Trend geht weg von Symbolik – hin zu Substanz. Während politische Maßnahmen in den USA Diversity-Programme bremsen, entwickeln europäische und global aufgestellte Finanzhäuser ihre Strategien weiter. Altersdiversität und neurodiverse Talente rücken verstärkt in den Fokus, Unternehmen investieren in inklusives Leadership, langfristige Talentförderung und die Verankerung von Diversität in Investmententscheidungen. Die DEI-Agenda wird in vielen Fällen bewusst internationalisiert, um sich dem US-Druck zu entziehen.
Das Fazit: Trotz politischer Rückschläge in den USA bleibt Diversity ein strategisches Thema – insbesondere für die Finanzbranche. Wer Vielfalt nicht nur proklamiert, sondern strukturell verankert, sichert sich klare Wettbewerbsvorteile in einem Umfeld, das von Transformation, Unsicherheit und wachsendem ESG-Druck geprägt ist.
Dabei zeichnet sich eine neue Entwicklungsphase ab: weg von Überregulierung und Symbolpolitik – hin zu gelebter Normalität und wirkungsorientierter Umsetzung. Viele der bisherigen DEI-Programme verfolgten gut gemeinte, aber teils überambitionierte Ziele, die nicht immer auf breite Akzeptanz stießen. Heute gewinnen greifbare, erfolgskritische Dimensionen an Bedeutung – etwa Innovationsfähigkeit, Risikokompetenz, Führungskultur und Teamperformance.
Unternehmen setzen zunehmend auf ein nachvollziehbares Augenmaß, das sowohl Belegschaft als auch Stakeholder überzeugt. Diversity wird damit nicht nur selbstverständlicher Teil der Unternehmenskultur, sondern auch Ausdruck moderner, zukunftsfähiger Führung. Gerade in einem umkämpften Arbeitsmarkt trägt diese Form von glaubwürdiger, inklusiver Unternehmenskultur wesentlich zur Stärkung der Arbeitgeber-Marke bei – und wird so zum integralen Bestandteil langfristigen unternehmerischen Erfolgs.
Über Tanja Bodewein
Tanja Bodewein berät Gesellschafter und Unternehmer bei strategischen Personalentscheidungen. Neben der Besetzung von Aufsichtsräten, Beiräten und Branchenexperten bei Board Xperts berät sie im Team der Personalberatung XELLENTO Executive Search auch Industrie‑, Mittelstands- und Familienunternehmen sowie Private Equity-Firmen bei der Besetzung der ersten und zweiten Ebene.
Sie startete ihre Karriere in der Personalberatung TASA International im Bereich Financial Services. 2005 macht sie sich als Personalberaterin selbstständig. Sie gilt als erfahrene Branchenexpertin mit über 20 Jahren Expertise in der Suche und Auswahl von Führungspersönlichkeiten. Ihr Fokus liegt auf der Besetzung von Schlüsselpositionen in den Bereichen Finanz- und Rechnungswesen, Controlling, Steuern sowie der IT-Führung (CIO-Umfeld).
Das Unternehmensprofil von Board Xperts finden Sie in der FYB 2026-Ausgabe in Kapitel 11.