ALTERNATIVE FINANZIERUNGSFORMEN
FÜR UNTERNEHMER UND INVESTOREN
3 Fragen an kluge Köpfe

Welche Rolle spielen Immaterielle Rechtsgüter (IP) bei der Unternehmens-bewertung? Welche Verfahren gibt es dafür?

Dazu 3 Fragen an U. Henkenborg

ARQIS Rechts­an­wälte
Foto: U. Henken­borg | ARQIS Rechtsanwälte
7. August 2013

Imma­te­ri­elle Vermö­gens­werte stel­len oftmals einen erheb­li­chen Wert für das besit­zende Unter­neh­men dar. Immer häufi­ger werden diese Vermö­gens­wer­ten in die Unter­­neh­­mens-finan­­zie­rung einge­bracht. Dementspre­chend schla­gen sie auch bei Mergers & Acqui­si­ti­ons zu Buche. Neben Immo­bi­lien und Maschi­nen können imma­te­ri­elle Vermö­gens­werte, wie beispiels­weise Marken und Patente, z.B. im Rahmen von Kredit­be­si­che­run­gen, Rating-Opti­­mie­run­­gen (Basel II) oder Sale-and-Lease-Back-Verfah­­ren als wert­volle Finan­zie­rungs­in­stru­mente dienen.


Dazu 3 Fragen an Part­ner bei ARQIS Rechts­an­wälte in München

1. Wenn ein Unter­neh­men eine Finan­zie­rung anstrebt, steht die Unter­neh­mens-bewer­tung im Vorder­grund. Essen­ti­ell ist dabei die Bewer­tung des geis­ti­gen Eigen­tums einer Firma (=intellec­tual property /IP). Wie kann man IP über­haupt bewerten?

Ganz grund­sätz­lich ist die Bewer­tung von imma­te­ri­el­len Rechts­gü­tern eines Unter­neh­mens ein viel disku­tier­tes und äußerst komple­xes Thema. Dies gilt insbe­son­dere für den Bereich der Bewer­tung von Marken. Der Wert von Marken hängt u.a. in nicht uner­heb­li­chem Maße von der Bekannt­heit der Marke bei den maßgeb­li­chen Verkehrs­krei­sen im Markt ab. Für die Bewer­tung von imma­te­ri­el­len Rechts­gü­tern wurde von Wirt­schafts­prü­fern in der Vergan­gen­heit eine Reihe von Metho­den entwi­ckelt, nach denen die Wert­ermitt­lung unter­schied­li­cher Imma­te­ri­al­gü­ter­rechte erfol­gen kann. Diese Metho­den sind fall­weise anzu­wen­den. Die Wahl der im konkre­ten Einzel­fall anzu­wen­den­den Methode bestimmt sich auch danach, welche Art von Schutz­rech­ten und imma­te­ri­el­len Rechts­gü­tern im Unter­neh­men vorhan­den sind.

Eine gene­ra­li­sie­rende Antwort auf die Frage, wie IP in einem Unter­neh­men bewer­tet wird, ist nur sehr schwer möglich. In diesem Zusam­men­hang ist es von höchs­ter Bedeu­tung, in einem ersten Schritt eine sorg­fäl­tige IP due dili­gencedurch­zu­füh­ren und so den Bestand der Imma­te­ri­al­gü­ter­rechte im Unter­neh­men genau zu ermit­teln. Diese Synopse des Bestands ermög­licht anschlie­ßend die adäquate Wahl der Methode für die nach­fol­gende Bewer­tung der Rechtsgüter.

2. Wie kann man IP (geis­ti­ges Eigen­tum) schüt­zen, wenn sich ein Unter­neh­men um eine Finan­zie­rung bemüht?

Im Bereich von Erfin­dun­gen und ande­ren eintra­gungs­fä­hi­gen Arbeits­er­geb­nis­sen, ist die Anmel­dung von Schutz­rech­ten im Namen des Unter­neh­mens äußerst empfeh­lens­wert. Durch eine Eintra­gung als Schutz­recht erreicht man eine Mono­po­li­sie­rung der jewei­li­gen Rechte. Für tech­ni­sche Lehren, die gegen­über dem gegen­wär­ti­gen Stand der Tech­nik Neue­run­gen enthal­ten, ist die Anmel­dung und Eintra­gung als Patent oder Gebrauchs­mus­ter möglich. Ande­ren (krea­ti­ven) Arbeits­er­geb­nis­sen kann, je nach Art, durch die Anmel­dung als Marke oder als Geschmacks­mus­ter (Design) zum recht­li­chen Schutz verhol­fen werden.

Schwie­ri­ger wird es natur­ge­mäß dort, wo Arbeits­er­geb­nisse nicht eintra­gungs­fä­hig sind. Dies gilt insbe­son­dere für urhe­ber­recht­lich geschützte Werke und tech­ni­sches know-how, das die für die Anmel­dung zum Patent erfor­der­li­che Erfin­dungs­höhe nicht erreicht. Hier kann ein Schutz des geis­ti­gen Eigen­tums gegen­über Drit­ten in der Regel nur durch umfas­sende Geheim­hal­tungs­ver­ein­ba­run­gen wirkungs­voll erzielt werden. Im Rahmen der Gestal­tung solcher Geheim­hal­tungs­ver­ein­ba­run­gen ist insbe­son­dere darauf zu achten, dass eine Umkehr der Beweis­last für den Fall der uner­laub­ten Veröf­fent­li­chung gehei­mer Infor­ma­tio­nen vorge­se­hen ist. Eine solche Rege­lung legt dem Vertrags­geg­ner die Pflicht auf, im Streit­fall nach­zu­wei­sen, dass die von ihm verbrei­te­ten Infor­ma­tio­nen der Öffent­lich­keit bereits vorher bekannt waren.

3. Zahl­rei­che junge, teil­weise schon etablierte Inter­net-Firmen wie z.B. mytheresa.com, Lieferhelden.de oder zalando.com sind reine Dienst­leis­ter. Werden bei solchen Unter­neh­men IP-Recht geschützt? Und falls nicht, worauf beruht dann die Unternehmens-bewert

Nach einem Wandel in der Recht­spre­chung ist seit eini­gen Jahren die Eintra­gung von Marken für Einzel­han­dels­dienst­leis­tun­gen möglich. Es müssen ledig­lich im Rahmen der Marken­an­mel­dung die Waren, mit denen Einzel­han­del betrie­ben wird, konkret benannt werden. Dies war für junge aber etablierte Inter­net-Firmen wie zalando oder mythe­resa, die – zum Teil mit umfang­rei­chen Werbe­ak­ti­vi­tä­ten — viel Geld in den Aufbau ihrer Marke gesteckt haben, eine wich­tige Entwick­lung. Sie können dadurch die Marken für die ange­bo­te­nen Dienst­leis­tun­gen umfas­send schüt­zen lassen.

Für solche Unter­neh­men ist es in aller Regel schwie­rig, ihre Wert geben­den Inhalte durch einge­tra­gene Rechte schüt­zen zu lassen. Schöp­fe­ri­sche Ideen, Gestal­tun­gen von Online-Seiten, Busi­ness­pläne und Finan­zie­rungs­struk­tu­ren sind – soweit sie durch eine schöp­fe­ri­sche Leis­tung geprägt sind – unter Umstän­den durch das Urhe­ber­recht geschützt, mögli­cher­weise auch unter Gesichts­punk­ten des know how-Schut­zes. Inso­weit ist im Einzel­fall zu beur­tei­len, ob urhe­ber­recht­li­cher oder know how-Schutz besteht und wie wert­voll die dahin­ter­ste­hen­den Ideen sind. Die mone­täre Bewer­tung von Urhe­ber­rech­ten und Geschäfts­kon­zep­ten gestal­tet sich deswe­gen als äußerst schwie­rig und zeitintensiv.

3 a):  Gibt es neue Entwick­lun­gen im Bereich IP?  International?

Aufgrund der heraus­ra­gen­den Bedeu­tung von Imma­te­ri­al­gü­ter­rech­ten im Wirt­schafts­ver­kehr ist dieser Bereich laufend durch neue Entwick­lun­gen geprägt. Gerade der IP-Bereich ist im Rahmen der Bemü­hun­gen um harmo­ni­sier­tes Recht in der Euro­päi­schen Union star­ken euro­pa­recht­li­chen Einflüs­sen ausgesetzt.

Gegen­wär­tig beschäf­ti­gen die Diskus­sio­nen um die Ände­run­gen in der Marken­rechts­richt­li­nie sowie die grund­sätz­li­che Verab­schie­dung des Gemein­schafts­pa­tents die Fach­gre­mien. Die derzeit von der EU-Kommis­sion beab­sich­tig­ten und noch kontro­vers disku­tier­ten Ände­run­gen der Marken­rechts­richt­li­nie sollen eine noch stär­kere Harmo­ni­sie­rung des natio­na­len Marken­rechts in den einzel­nen Mitglieds­staa­ten herbei­füh­ren und damit die recht­li­che Trans­pa­renz in diesem Bereich weiter erhö­hen. — Ende 2012 wurde zudem nach jahre­lan­gem Ringen in Brüs­sel die Einfüh­rung des Gemein­schafts­pa­tents für die EU verab­schie­det. Bei dem zukünf­ti­gen Gemein­schafts­pa­tent handelt sich, wie auch bei der Gemein­schafts­marke, um ein einzi­ges Schutz­recht mit einheit­li­cher Wirkung in den Mitglieds­staa­ten der EU. Anders als bei der Gemein­schafts­mar­ken­ver­ord­nung, die für sämt­li­che Mitglieds­staa­ten gilt, nehmen jedoch Italien und Spanien an dem System des Gemein­schafts­pa­tents nicht teil. In diesen Ländern werden nach wie vor natio­nale Patent­an­mel­dun­gen erfor­der­lich sein.

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