ALTERNATIVE FINANZIERUNGSFORMEN
FÜR UNTERNEHMER UND INVESTOREN
3 Fragen an kluge Köpfe

Managerhaftung in Deutschland

Dazu 3 Fragen an Dr. Constantin Goette

Sonn­tag & Partner
Foto: C. Goette | S&P
28. Januar 2015

Die Causa Middel­hoff ist in aller Munde und wird promi­nent in den Medien bespro­chen. Unter ande­rem ist von unter­neh­me­risch falschen Entschei­dun­gen, Untreu­e­tat­be­stän­den sowie Betrugs­hand­lun­gen die Rede. Dies führt – neben der ohne­hin allge­gen­wär­ti­gen Häufung von Haftungs­ri­si­ken für Mana­ger – zu einer zuneh­men­den Verun­si­che­rung von Geschäfts­lei­tern sowohl im Bereich der GmbH als auch der Akti­en­ge­sell­schaft. Welche Maßga­ben haben Geschäfts­lei­ter zur Haftungs­ver­mei­dung zu beach­ten und unter welchen Umstän­den kommen sie in den Genuss enthaf­ten­der Rege­lun­gen der Busi­ness Judge­ment Rule?


Dazu 3 Fragen an Rechts­an­walt, Sonn­tag & Part­ner, München

1. Welche Pflich­ten haben Geschäfts­lei­ter zur Haftungs­ver­mei­dung zu beach­ten und wie beugen sie am besten Ansprü­chen ihrer Gesell­schaft oder Drit­ter gegen sich persön­lich vor?
Fest­zu­hal­ten ist zunächst, dass Haftungs­tat­be­stände in über­wie­gen­der Zahl nur im Innen­ver­hält­nis zwischen der Gesell­schaft und den haften­den Perso­nen vorkom­men, nur in Ausnah­me­fäl­len kommt es auch zu einer Haftung gegen­über Drit­ten wie Gläu­bi­gern oder Aktio­nä­ren der Gesell­schaft. Geschäfts­lei­ter haben in jedem Fall – neben weite­ren allge­mei­nen Pflich­ten – Legalitäts‑, Treue- und Über­wa­chungs­pflich­ten zu beach­ten. Hierzu gehö­ren einer­seits die inner­ge­sell­schaft­li­che Pflich­ten­bin­dung (Beach­tung von Gesetz/Gesellschaftsvertrag oder Satzung/Anstellungsvertrag/Geschäftsordnung) und ande­rer­seits die externe Pflich­ten­bin­dung („gute Absicht“ reicht nicht aus). Dass niemand einen „Griff in die Kasse“ täti­gen oder sich ander­wei­tig im Rahmen seiner Organ­stel­lung persön­li­che Vorteile verschaf­fen darf, sollte klar sein. Auch ist die Über­wa­chung von Kolle­gen und unter­ge­ord­ne­ten Mitar­bei­tern essen­ti­ell, um Haftungs­tat­be­stände auszu­schlie­ßen. Jede (zumin­dest weit­rei­chende) unter­neh­me­ri­sche Entschei­dung, die der Geschäfts­lei­ter trifft (z.B. Durch­füh­rung einer Due Dili­gence beim Unter­neh­mens­kauf (ja/nein) oder z.B. Abschluss eines lang­fris­ti­gen und kost­spiel­ei­gen Miet­ver­tra­ges) erfor­dert die gründ­li­che Abwä­gung von Vor- und Nach­tei­len durch den Geschäfts­lei­ter und eine entspre­chende Doku­men­ta­tion des Entschei­dungs­vor­gan­ges sowie der Gründe, die zu der Entschei­dung führen. Dies alles sind immer wieder­keh­rend komplexe Vorgänge, die es stets zu beach­ten gilt.
2. Welche Berei­chen des tägli­chen „Gesell­schafts­le­bens“ mani­fes­tie­ren sich in der Praxis Haftungs­tat­be­stände am häufigsten?
In der Praxis zeigen sich – neben den öffent­lich­keits­wirk­sa­men straf­recht­lich rele­van­ten Verge­hen – beson­ders häufig Probleme im Rahmen unter­neh­me­ri­scher Entschei­dun­gen, Sprich Entschei­dun­gen des tägli­chen Geschäfts­le­bens, die nicht unter die Lega­li­täts­pflich­ten fallen. Mandan­ten treten öfters an uns heran, wenn es darum geht, zu klären, ob es notwen­dig ist, in ihrem Unter­neh­men ein Compli­ance-System zu imple­men­tie­ren, wie ausführ­lich Due-Dili­gence Prüfun­gen im Rahmen von Unter­neh­mens­käu­fen zu erfol­gen haben, oder ob sie einen Unter­neh­mens­kauf durch­füh­ren dürfen, auch wenn wir als externe Bera­ter veri­ta­ble Risi­ken aufge­deckt haben. Denn die Ratein­ho­lung durch Dritte kann unter bestimm­ten Umstän­den eine persön­li­che Haftung des Geschäfts­lei­ters entfal­len lassen, sie entbin­det ihn aber nicht davon, eine eigene Entschei­dung nach Abwä­gung aller Vor- und Nach­teile zu treffen.
3. Welche enthaf­ten­den Vorschrif­ten sind für Geschäfts­lei­ter essen­ti­ell und welche Voraus­set­zun­gen müssen sie erfül­len, um in den Genuss einer entspre­chen­den Enthaf­tung zu kommen?
Die Rege­lun­gen der aus dem US-ameri­ka­ni­schen abge­lei­te­ten ‚Busi­ness Judge­ment Rule’, die mitt­ler­weile in § 93 AktG kodi­fi­ziert wurden und auch für Geschäfts­füh­rer der GmbH gelten, können bei ihrer Beach­tung zu einer Enthaf­tung des handeln­den Geschäfts­lei­ters führen. Die wesent­li­chen Voraus­set­zun­gen, unter denen eine Anwen­dung der Rege­lun­gen der Busi­ness Judge­ment Rule geben kann, sind (i) das Vorlie­gen einer unter­neh­me­ri­schen Entschei­dung (keine unter die Lega­li­täts­pflicht fallende Entschei­dung!), (ii) gutgläu­bi­ges Handeln des betrof­fe­nen Geschäfts­lei­ters, (iii) das Tref­fen einer unter­neh­me­ri­schen Entschei­dung ohne sach­fremde- oder Eigen­in­ter­es­sen sowie (iv) grund­sätz­li­ches Handeln zum Wohle des Unter­neh­mens und (v) Handeln auf ange­mes­se­ner Infor­ma­ti­ons­grund­lage. Diese Kate­go­rien geben jeweils einen brei­ten Strauß an „Stol­per­fal­len“ her und Geschäfts­lei­ter müssen zuneh­mend lernen, damit umzu­ge­hen. Zum Schluss sei noch erwähnt und jedem Geschäfts­lei­ter drin­gend empfoh­len, dass jeder seiner (weit­rei­chen­den) Entschei­dungs­wege doku­men­tiert werden muss, denn er ist im Falle eines gegen ihn erho­be­nen Anspruchs beweis­pflich­tig (Stich­wort: Beweis­last­um­kehr). Einen solchen Beweis wird er nur führen können, wenn er zurück­lie­gende Details, die zu einer unter­neh­me­ri­schen Entschei­dung geführt haben, doku­men­tiert hat.  

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