Herausforderungen bei Buy and Build-Transaktionen
Bryan Cave
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11. Juli 2017
1. Wo liegen die Herausforderungen bei Buy & Build-Transaktionen?
Im (small) Mid Cap-Segement verfolgen viele Equity-Sponsoren mittlerweile einen Buy & Build-Ansatz. Während in auktionierten Prozessen das Hauptrisiko für das Scheitern einer Transaktion darin liegt, einen geringeren Preis als ein Wettbewerber zu zahlen, besteht die Herausforderung bei Add-On-Akquisitionen darin, den Unternehmer nicht auf dem Weg zum Signing der Transaktion zu „verlieren“. Die targets sind häufig kleiner, das vorhandene Zahlenmaterial für Sponsoren selten ausreichend und das rechtliche Verständnis für Transaktionssachverhalte regelmäßig weniger ausgeprägt. Für die Sponsoren und ihre Berater bedeutet dies sowohl im Vorfeld, als auch während der Transaktion ein erhebliches Maß an Mehrarbeit. Die intensive Prüfungsphase wird von den Unternehmern dabei häufig als Misstrauen empfunden. Die Reporting-Erfordernisse nach Durchführung der Transaktion wirken abschreckend, bei deren Umsetzung wird oft tiefgreifende Unterstützung benötigt.
Die Herausforderung für die rechtlichen Berater liegt darin, eine verhältnismäßig komplexe Materie „mittelstandstauglich“ in der vertraglichen Dokumentation abzubilden. In den Verhandlungen müssen mit viel Fingerspitzengefühl die Bedürfnisse und wirtschaftlichen Standpunkte des Sponsors nahegebracht werden. Besonders herausfordernd ist dabei, dass Unternehmer regelmäßig noch risikoaverser sind als professionelle Verkäufer. Übliche Vertrags-Standards lassen sich nicht vermitteln. GmbH & Co. KG-MEP-Strukturen etwa werden als zu komplex empfunden, weswegen auch die Rückbeteiligung schlank und gleichwohl flexibel für weitere Add-Ons strukturiert werden muss. Mit dem Closing der Transaktion beginnt dann häufig erst die Arbeit. Das hinzuerworbene Unternehmen muss erfolgreich in die Gruppe integriert werden, um plangemäß zu wachsen.
2. Welche Sektoren bzw. Branchen sind denn aktuell reif für eine Konsolidierung und damit attraktiv für Buy & Build?
Das ist nicht branchenabhängig. Sämtliche stark segmentierte Bereiche eignen sich grundsätzlich für Buy & Build. Verstärkt lässt sich dies indes gerade in Branchen beobachten, in denen die Regulierung in den letzten Jahren ein wenig gelockert wurde (etwa im Bereich der Humanmedizin). Im Einzelfall kommt es darauf an, eine geeignete Plattform zu finden, die skalierbar ist. Bereits beim Einstieg muss das Marktumfeld inhaltlich und geographisch auf taugliche Add-On-Kandidaten verprobt werden. Mit dem Unternehmen „Rehms“ in Borken, welches Ufenau Capital Partners im Jahre 2014 im Wege der Nachfolgelösung übernommen hatte, ist dies beispielsweise hervorragend gelungen. Durch den Zukauf weiterer fünf Unternehmen konnte die „NRW Building Technology“ Gruppe zu einem führenden Komplettanbieter für die technische Gebäudeausrüstung mit Fokus auf Heizung, Klima, Lüftung, Sanitär sowie Mess‑, Steuerungs- und Regelungstechnik ausgebaut werden. Vor wenigen Wochen wurde die so entstandene Gruppe erfolgreich an das Private Equity-Haus Bregal veräußert.
3. Welche Rolle spielt denn heutzutage LegalTech bei Private Equity-Transaktionen?
Sämtliche Transaktionen (einschließlich Private Equity-Transaktionen) werden heutzutage regelmäßig IT-gestützt abgewickelt. Wir bei Bryan Cave unterteilen die heute erhältlichen technischen Lösungen in die Bereiche (1) Automatisierung, (2) Zusammenarbeit (collaboration), (3) Due Diligence und (4) Workflow Management.
(1) Für die automatisierte Erstellung von Dokumenten gibt es heute schon gute Tools wie etwa “HotDocs“ oder “Neota Logic“; auch erste SPA-Entwürfe oder vergleichbare längere Dokumente lassen sich über solche Spezialsoftware bereits als ersten Rohling erstellen. Dennoch ist es erforderlich, dass die Dokumente anwaltlich sorgfältig überarbeitet und auf den Einzelfall hin angepasst werden.
(2) Plattformen wie “FirmEx” und“HighQ” werden bereits täglich eingesetzt, um den Datenaustausch, die Due Diligence-Prozesse und übrigen Transaktionsabläufe zu optimieren. Vermehrt werden auch Tools wie “Capshare” und “eShares” für die Automatisierung und das tracking von cap-tables verwendet.
(3) Der Due Diligence-Review wird durch Software-Lösungen wie “Kira”, “LawGeex” und “ContractSifter” erleichtert und beschleunigt. Unerlässlich bleibt dabei naturgemäß die Festlegung der Suchkriterien für die vertraglichen Merkmale bzw. Klauseln. Für Due Diligence-Prüfungen kleinerer Unternehmen mit wenig standardisierter Vertragsdokumentation sind solche Lösungen indes noch wenig geeignet.
(4) Während wir viele unternehmensinterne Plattformen sehen, haben wir bei Bryan Cave die hauseigene “Cross-Lite”-Technologie entwickelt, mit der wir maßgeschneidert zusammen mit dem Mandanten Berichte für individuelle Beratungsgegenstände und Verträge erstellen und bearbeiten; auch bietet die Lösung Unterstützung bei der Due Diligence. Hinzu kommt mit BCXponent eine eigene Abteilung, die unsere Anwälte beim Einsatz technischer Tools berät, um den Nutzen für die Mandanten zu maximieren.
Allerdings kommt es bei Transaktionen trotz allem Hype um LegalTech immer noch auf massgeschneiderte Lösungen für den Einzelfall an. Hier ist die Erfahrung der Anwälte gefragt, die sich durch keine noch so ausgereifte Lösung ersetzen lässt.
Über Dr. Tobias Fenck, Managing Partner, Bryan Cave Frankfurt
Dr. Tobias Fenck ist Managing Partner im Frankfurter Büro der Wirtschaftskanzlei Bryan Cave. Er berät Mandanten in den Bereichen M&A, Private Equity und Venture Capital. Dabei ist Dr. Tobias Fenck regelmäßig auf Käufer- wie auch auf Verkäuferseite tätig. Er berät seine Mandanten bei dem Eingehen von Mehrheits- und Minderheitsbeteiligungen.
Neben der Transaktionsberatung liegt ein Schwerpunkt der Beratungstätigkeit von Dr. Tobias Fenck auf der laufenden gesellschaftsrechtlichen Beratung von Unternehmen, auch im Rahmen von Restrukturierungen, Kooperationen und Joint Ventures. Zu seinen Mandanten zählen Fonds, mittelständische und inhabergeführte Unternehmen sowie internationale Konzerne.
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