
Die Private Equity-Branche ändert sich massiv
Bekanntermaßen befindet sich die Branche seit jeher im Fluss und wir bewegen uns aktuell in einem schwierigen Marktumfeld. Nach meiner Beobachtung verschwinden aufgrund schwächerer Performance und gescheiterter Nachfolgeregelung aktuell einige traditionelle Sponsoren vom Markt bzw. wandeln sich in Secondary-Fonds. First-time-Teams / First-time-Funds wagen zwar ab und zu immer noch den Markteintritt, tun sich aber insgesamt deutlich schwerer als vor 4 — 5 Jahren. Zudem ist erkennbar, dass pan-europäische MidCap-Fonds Investmentaktivitäten in Deutschland verstärkt in den Blick nehmen. Auch US-Investoren zeigen angesichts der aktuellen politischen Unsicherheiten im Heimatmarkt wieder Interesse am deutschen Markt. Größere Buy-Out Häuser haben unlängst das kleinere Marktsegment entdeckt und verfolgen mit eigenen Vehikeln ebenfalls buy-and-build cases. Insgesamt lässt sich aktuell eine Marktkonsolidierung verzeichnen (flight to quality).
Das Fundraising Umfeld (insbesondere größerer Fonds) ist nach wie vor schwierig, auch wenn die Sicht auf Deutschland seit der Bundestagswahl insgesamt positiver ist. Zudem scheint aus Investorensicht die Attraktivität von Deutschland (bzw. Europa) von der Unsicherheit des US-Marktes zu profitieren.
Bezogen auf ihre Portfolien verzeichnen die Fonds aktuell längere Halteperioden. Am Markt sind weniger Exits zu beobachten, insgesamt auch zu niedrigeren Returns. Continuation Vehicles als Exit-Kanal nehmen dabei weiterhin zu.
Der Private Debt-Markt in Deutschland hat sich in den vergangenen Jahren enorm entwickelt. Dies betrifft sowohl die Anzahl der Anbieter als auch der finanzierten Transaktionen. Inzwischen sind in Deutschland sicherlich rund zwei Dutzend Debt Fonds regelmäßig in League Tables zu finden, wovon eine Hand voll besonders häufig finanziert. Bei den Anbietern handelt sich häufig um deutsche Ableger international agierender Fonds mit US- oder UK-Hintergrund. Inhaltlich liegt der Fokus klar im Bereich Akquisitionsfinanzierung. Hier stellen die Debt Fonds inzwischen auf Jahresbasis regelmäßig mehr Finanzierungen als Banken. Ähnlich wie Private Equity sitzt auch Private Debt auf viel Dry Powder, was zu hohem Wettbewerb bei „guten“ Transaktionen führt. Aufgrund ihrer größeren Flexibilität sind Debt Fonds zudem eher bereit, sich ungewöhnlichere Finanzierungsstrukturen anzusehen.
Das erwartete starke M&A‑Jahr 2025 ist angesichts des Ausgangs der US-Wahlen, der hohen Energiepreise und des allgemeinen wirtschaftlichen und regulatorischen Umfelds bisher ausgeblieben. Es zeichnet sich nun allerdings ein Jahresendspurt ab. Insgesamt gibt es weniger Transaktionen am Markt, insbesondere Larger-Mid-Cap und Large-Cap-Transaktionen. Auch proprietäre Transaktionen werden zunehmend weniger. Die Wahrnehmung ist natürlich im Verhältnis zu den sehr starken vergangenen M&A Jahren zu sehen, in denen für Assets sehr hohe (und teilweise auch zu hohe) Preise gezahlt wurden. Die transaction und trading-multiples gehen langsam runter, die allerdings immer noch hohen Preiserwartungen treffen auf Investoren, die zwar auf viel Geld sitzen, insgesamt aber aufgrund der Rahmenbedingungen sehr vorsichtig agieren. Geschäftsmodelle werden intensiv auf AI-Substituierbarkeit getestet. Dies macht auch Exits schwieriger, vor allem von solchen Unternehmen, die in dem ehemaligen besserem Marktumfeld zu teuer eingekauft wurden. Exits mit höheren Multiples sind aktuell nur bei ausgewählten Assets (u.a. im Bereich Software, AI) zu beobachten. Auch bei kleineren Assets werden Auktionen gefahren, häufiger dann mit begrenztem Bieterfeld. Auktionen dauern länger und sind insgesamt mühsamer. Nur bei sehr attraktiven Targets in ausgewählten Branchen sind im Mid-Cap Segment aktuell regelmäßig wirklich kompetitive Prozesse zu beobachten.
Dr. Tobias Fenck ist Rechtsanwalt und Partner bei GÖRG in Frankfurt am Main. Sein Beratungsschwerpunkt liegt in den Bereichen Private Equity sowie Mergers & Acquisitions. Er berät Beteiligungsunternehmen und ihre Portfoliogesellschaften in Unternehmenskäufen und ‑verkäufen, Joint Ventures sowie Umstrukturierungen.
Sein Beratungsspektrum umfasst nicht nur Transaktionen, sondern auch die strategische Beratung von Unternehmen in ihrem Wachstum. Daneben begleitet Herr Dr. Fenck seine Kunden auch umfassend gesellschaftsrechtlich, einschließlich Restrukturierungen und Kooperationen. Er ist Co-Head der Service Line Corporate / M&A und Leiter der Praxisgruppe Private Equity.