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3 Fragen an kluge Köpfe

Ein Wolf im Schafspelz für Private Equity?

Dazu 3 Fragen an Thomas Jäger

LM Audit & Tax München
Foto: Thomas Jäger
4. Septem­ber 2019

Schon der Titel des Gesetz­ent­wur­fes verbirgt, was wirk­lich dahin­ter steckt. Die Elektro-Mobilität gene­riert in Anbe­tracht der Änderung „weite­rer steu­er­li­cher Vorschrif­ten“ eher zur Rand­er­schei­nung. Brisante Themen für Private Equity sind im Gesetz­ent­wurf unschein­bar versteckt und gehen bislang in der media­len Bericht­erstat­tung eher unter. 


Dazu 3 Fragen an Thomas Jäger, Steu­er­be­ra­ter und Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer bei LM Audit & Tax München

1. Gibt es anläßlich dieses Refe­ren­ten­ent­wurfs etwas Neues im Hinblick auf Private Equity?

In der Tat geht es bei dem Refe­ren­ten­ent­wurf vom 8. Mai 2019 zunächst vordergründig um das Thema Elektro-Mobilität – kurio­ser­weise und diese persönliche Anmer­kung sei mir hier gestat­tet, obwohl die Elektro-Mobilität sich in Deutsch­land bis dato in den Kinder­schu­hen befin­det und zum Einsatz in der Breite (Stich­wort Elek­tro-Dienst­wa­gen) auf abseh­bare Zeit ja gar nicht zur Verfügung steht.

Der dama­lige Refe­ren­ten­ent­wurf wurde zwischen­zeit­lich – unter Einschluss erster, diver­ser Änderungen — am 31. Juli beschlos­sen, das heißt, das Gesetz­ge­bungs­ver­fah­ren wurde offi­zi­ell in Gang gesetzt, wenn­gleich es bis zur fina­len Verab­schie­dung im Bundes­rat wohl noch eine Zeit dauern wird und wohl auch weitere Änderungen nicht ausge­schlos­sen sind. Steu­er­lich geht der Entwurf – von der media­len Bericht­erstat­tung eher unbe­merkt – weit über das Thema Elektro-Mobilität hinaus.

Für Private Equity handelt es sich um ein echtes „Recht­spre­chungs­ver­hin­de­rungs­ge­setz“, zumal einige der Neure­ge­lun­gen im Wider­spruch zur eigent­lich für die Steu­er­pflich­ti­gen posi­ti­ven Entwick­lung der BFH Recht­spre­chung stehen; konkret insbe­son­dere bei Ausfall von Gesell­schaf­ter­dar­le­hen oder dem Verlust von Betei­li­gun­gen an Kapi­tal­ge­sell­schaf­ten durch Insol­venz. Beides kommt bei Private Equity Fonds ja leider gele­gent­lich vor; insbe­son­dere Privat­an­le­ger (wozu übrigens auch die Carry-Holder für den laufen­den Ergeb­nis­an­teil zählen) sind nach dem Gesetz­ent­wurf erheb­lich benach­tei­ligt. – Darüber hinaus soll auch das in den Betriebsprüfungen der letz­ten Jahre eigent­lich zur Ruhe gekom­mene Thema der Akti­vie­rung von Manage­ment Fees ohne Not bundes­ein­heit­lich verschärft werden; auch das leider im Wider­spruch zu der bisher oft geleb­ten Praxis.

2. Worin besteht der Wider­spruch, was wird ausgehebelt?

Der Bundes­fi­nanz­hof (BFH) hat mit einem für die Steu­er­pflich­ti­gen posi­ti­ven und im Übrigen wegwei­sen­den Urteil vom 24.10.2017 (Akten­zei­chen VIII R 13/15) entschie­den, dass der Ausfall priva­ter Darle­hens­for­de­run­gen als Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen entge­gen der bishe­ri­gen Sicht­weise der Finanz­ver­wal­tung– zu berücksichtigen ist. Der Fall betrifft alle Steu­er­pflich­ti­gen mit sog. Streu­be­sitz, also Fälle in denen der Inves­tor durch­ge­rech­net im Ergeb­nis zu weni­ger als 1 % an der betref­fen­den Ziel- Kapi­tal­ge­sell­schaft betei­ligt ist – somit ein häufig anzu­tref­fen­des Szena­rio bei Private Equity Fonds. Mit diesem Urteil hat der BFH auch auf einen Schlag die Text­zif­fer 60 aus dem bisher seit 2016 bestehen­den Schrei­ben des Bundes­fi­nanz­mi­nis­te­ri­ums zu Anwen­dungs­fra­gen nach Einführung der Abgel­tung­s­teuer ausgelöscht.

In einem weite­ren für die Steu­er­pflich­ti­gen eben­falls sehr erfreu­li­chen Urteil vom 12.06.2018 (Akten­zei­chen VIII R 32/16) hat der BFH entschie­den, dass auch die Veräußerung von Aktien zu einem Verkaufs­preis, der gerade nur den Trans­ak­ti­ons­kos­ten entspricht, ein anzu­er­ken­nen­den Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen entsteht. Auch mit diesem Urteil hat der BFH auf einen weite­ren Schlag die bishe­rige Text­zif­fer 59 aus dem bisher seit 2016 bestehen­den Schrei­ben des Bundes­fi­nanz­mi­nis­te­ri­ums zu Anwen­dungs­fra­gen nach Einführung der Abgel­tung­s­teuer ausgelöscht.

Zudem ist nach den beiden o.g. Urtei­len sehr wahr­schein­lich, dass der BFH auch in den noch anhängigen Revi­si­ons­ver­fah­ren (u.a. VIII R 5/19) beim Verlust von Kapi­tal­be­tei­li­gun­gen durch Insol­venz der Kapi­tal­ge­sell­schaft, auch für Betei­ligte mit Streu­be­sitz­an­tei­len im Privatvermögen, inso­weit einen steu­er­li­chen Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen aner­ken­nen wird.

So weit so gut, im aktu­el­len Gesetz­ent­wurf wird aber durch Änderungen in § 20 EStG die vorste­hend genannte Recht­spre­chung des BFH außer Kraft gesetzt durch eine Formu­lie­rung, nach der der Ausfall einer Kapi­tal­for­de­rung oder der durch Ausbu­chung einer Kapi­tal­be­tei­li­gung entstan­dene Verlust steu­er­lich unbe­acht­lich sein soll. Diese Rege­lung ist extrem profi­s­ka­lisch moti­viert, einfach gesagt reines „Recht­spre­chungs­ver­hin­de­rungs­ge­setz“.

Zugu­ter­letzt findet sich in § 6e EStG des neuen Gesetz­ent­wur­fes eine Rege­lung zu sog. Fonds-Etablie­rungs­kos­ten, die im Ergeb­nis wohl dazu führen wird, dass die bisher nur im veral­te­ten Fonds­er­lass aus 2003 – dieser basiert auf den noch älteren Bauher­ren-Erlas­sen der 80er und 90er Jahr – enthal­te­nen sehr restrik­ti­ven Rege­lun­gen zur Akti­vie­rung von in der Inves­ti­ti­ons­phase anfal­len­den Werbungs­kos­ten nunmehr gesetz­lich fest­ge­schrie­ben werden. Dies – ganz zufällig – vor dem Hinter­grund, dass der BFH im ganz aktu­el­len Urteil vom 26.04.2018 (Akten­zei­chen IV R 33/15) zudem entschei­den hat, dass Fonds-Etablie­rungs­kos­ten ab Ende 2005 – entge­gen der bishe­ri­gen Verwal­tungs­pra­xis – als sofort abzugsfähige Betriebs­aus­ga­ben zu behan­deln sind.

Im Ergeb­nis wird damit auch das „Baye­ri­sche Modell“, in dem über die gesamte Lauf­zeit des PE Fonds in der Regel 2 von 10 Manage­ment Fees als Anschaf­fungs­kos­ten akti­viert und der Rest – außer­halb des Rege­lungs­krei­ses der §§ 8b KStG und 3c EStG — als steu­er­lich abzugsfähiger Aufwand aner­kannt wurde. Oder wie ein hoch­ran­gi­ger Vertre­ter des hessi­schen Finanz­mi­nis­te­ri­ums auf einer Steu­er­ta­gung vor eini­gen auf Anfrage verlaut­barte: Das Einkom­men­steu­er­ge­setz ist Bundes­recht und gilt dann auch in Bayern.

3. Welche Auswir­kun­gen zieht das nach sich?

Die Steu­er­pflich­ti­gen und deren Bera­ter werden sich insge­samt wohl auf Verschärfungen einstel­len müssen. Fälle in denen Darle­hens­ver­luste oder Insol­ven­zen von Kapi­tal­ge­sell­scha­fen vor Inkraft­tre­ten der Neure­ge­lung, also voraus­sicht­lich vor dem 1.1.2020 reali­siert wurden, können mit gewis­ser Wahr­schein­lich­keit wohl „geret­tet“ werden. Das Gesetz­ge­bungs­ver­fah­ren soll bis Ende 2019 abge­schlos­sen werden. Der Bundes­rat wird aller Voraus­sicht nach in seiner Sitzung vom 20. Septem­ber zum aktu­el­len Regie­rungs­ent­wurf Stel­lung nehmen. Sicher ist damit wohl auch, dass auch die massen­hafte Ausbrei­tung der Elektro-Mobilität noch auf sich warten lassen wird, aber das ist ja ohne­hin nur ein Rand­thema in dem Gesetz.

 

 

 

Über Thomas Jäger

Thomas Jäger ist Steu­er­be­ra­ter und Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer bei LM Audit & Tax GmbH, Wirt­schafts­prü­fungs­ge­sell­schaft, Steu­er­be­ra­tungs­ge­sell­schaft in München.
LM betreut als Tax Boutique in- und auslän­di­sche Mandate aus den Berei­chen Private Equity und Real Estate von der Tax Due Dili­gence über die laufende Tax Compli­ance bis zur Betriebs­prü­fung und – wenn es sein muß – dem Gang zur Finanz­ge­richt. — Im Bereich Private Equity berät Herr Jäger mit seinem Team bei der Erstel­lung von Jahres­ab­schlüs­sen und Steu­er­erklä­run­gen für inlän­di­sche Gesell­schaf­ter inter­na­tio­na­ler Fonds­struk­tu­ren, bei Steu­er­erklä­run­gen nach Außen­steu­er­ge­setz und Invest­ment­steu­er­ge­setz sowie der Erstel­lung von Tax Compli­ance Manage­ment Syste­men (Tax CMS).

 

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