Vorwort der Herausgeberin
Das Infrastrukturpaket der Bundesregierung hat für viel Aufmerksamkeit gesorgt. Viel wichtiger ist jedoch, dass die Investoren mittlerweile glauben, dass es bei der Umsetzung voran geht. Auch die Wirtschaft hat ihre Schlüsse daraus gezogen und eigene Investitionsprogramme aufgelegt. Das Vertrauen in die Politik hat sich in den Vorstandsetagen wieder verbessert. Deutschlands Equity-Story nimmt langsam Fahrt auf.
Man kann nicht erwarten, dass ein halbes Jahr, nachdem das Programm von der Politik angekündigt wurde, schon die Gelder fliessen. Die Börse jedoch hat dies bereits vorweg genommen, sie bewegt sich stabil nach oben. Sie gewährt Deutschland quasi einen Vertrauensvorschuß. – Dabei stehen drei Sektoren besonders imFokus: Technologie, Infrastruktur und Verteidigung. Diese dürften am stärksten von den steigenden Staatsausgaben profitieren. In diesen Bereichen sind nicht nur hohe Investitionen zu erwarten, sondern auch eine starke M&A‑Aktivität.
Die Verteidigung ist in Europa wieder eine der obersten Prioritäten, wobei die Technologie im Mittelpunkt steht. Dies ermöglicht es Investoren, von steigenden Budgets und politischer Unterstützung zu profitieren. Diejenigen, die sich an den strategischen Zielen Europas orientieren und sich mit den neuen Regeln auskennen, können langfristige Renditen erzielen. Der Krieg Russlands in der Ukraine hat Europa aus seiner jahrzehntelangen Selbstzufriedenheit in Verteidigungsfragen aufgerüttelt und einen Anstieg der Militärausgaben und Innovationen ausgelöst. Die europäischen Verteidigungsbudgets stiegen im letzten Jahr um etwa 17% auf rund 690 Milliarden US-Dollar, und die NATO-Verbündeten haben sich zum Ziel gesetzt, bis 2035 sogar 5% des BIP für Verteidigung auszugeben.
Die durch den Krieg bedingte Dringlichkeit und die Ziele der EU hinsichtlich „strategischer Autonomie” bedeuten einen hohen Finanzierungsbedarf für Systeme der nächsten Generation und eine neue Offenheit gegenüber privatem Kapital. Verteidigungsaktien erreichen neue Höchststände, wobei die Venture Capital (VC)-Finanzierung des Sektors im Jahr 2024 trotz eines Rückgangs der gesamten VC-Finanzierung um 24% gestiegen ist. Die VC-Finanzierung für europäische Verteidigungstechnologie erreichte 2024 einen Rekordwert von 5,2 Milliarden US-Dollar, was etwa 10% der gesamten VC-Finanzierung auf dem Kontinent entspricht. Die M&A‑Aktivitäten im Verteidigungsbereich in Europa stiegen Anfang 2025 um ca. 35%.
Der Krieg in der Ukraine hat nach Jahrzehnten der Unterinvestitionen kritische Lücken in den Bereichen Luftverteidigung und Munition offenbart. Jetzt rüstet Europa wieder auf, wobei Deutschland, Polen, die nordischen Länder und andere ihre Budgets stark aufstocken (Deutschland +28% im Jahr 2024) und sich um gemeinsame Beschaffungen bemühen.
Um dies zu unterstützen, haben viele staatlich geförderte Organisationen erhebliche Finanzmittel erhalten. Der DIANA-Accelerator der NATO verfügt über einen neuen Fonds über 1 Milliarde Euro. Mit dem „ReArm Europe“-Plan der EU stellte die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen eine Initiative vor, die bis zu 800 Milliarden Euro für den Ausbau und die Modernisierung der europäischen Verteidigung mobilisieren soll.¹ Länder in ganz Europa richten neue Inkubatoren und Fonds ein, und sogar die Schweiz investiert mittlerweile über 7% ihrer Risikokapitalfinanzierung in Start-ups im Verteidigungsbereich.
Die Politik ändert auch die Vorschriften, um Investitionen zu fördern und Anreize zu schaffen. Brüssel betrachtet nun die „Verteidigungsbereitschaft“ als Pluspunkt bei der Prüfung von Fusionen und Übernahmen und hat klargestellt, dass ESG-Kriterien Verteidigungsinvestitionen nicht ausschließen.
Für Private Equity-Investoren, deren Investitionsmodelle und Strukturen, die grundsätzlich auf einem Investitionshorizont von fünf bis zehn Jahren ausgelegt sind, schafft diese Vorhersehbarkeit staatlicher Ausgaben ein außergewöhnlich stabiles Investitionsumfeld.
Im Magazin-Teil unserer 23. Ausgabe erwarten Sie wieder prominente Autoren mit spannenden und neuen Themen aus der Finanzierungs- und Corporate Finance-Industrie. – Quirin Herz (Corporate Venture, Hensoldt AG) erklärt, wie sich der Sektor Defense-Tech in Europa von einer Nische, geprägt von einer von ethischen Bedenken und regulatorischen Hürden, zu einer strategischen Kern-Anlageklasse für Private Equity und auch Venture Capital entwickelt. Außerdem, wer die Player sind: Zeitenwende für Investoren – Das europäische Defense-Tech-Ökosystem als neue Anlageklasse für Private Equity.
Marko Maschek (Marondo Capital) und General a.D. Christian Badia (NATO-Kommando für Transformation) erläutern die Entstehung eines neuen Ökosystems und seine Finanzierung, Verteidigung, in den Bereichen Dual Use und KRITIS: Der Einfluss der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie („SVI“) auf die deutsche Wirtschaft – Inwieweit kann Privatkapital zur Abschreckung beitragen?
Die globalen Veränderungen und der Aufstieg von KI haben die Spielregeln der Cybersecurity verändert. Die Risiken sind kritischer denn je, gleichzeitig eröffnen sich neue Möglichkeiten, die Sicherheit zu erhöhen. Arwid Carlo Zang (greenhats) gibt tiefe Einblicke in Cybersecurity – Die Kunst der Prävention.
Carl-Jan von der Goltz (Maturus Finance) führt aus, Wie der Turnaround 2026 finanzierungsseitig gelingen kann, wenn sich Unternehmenskrisen häufen, Liquidität rar ist und Banken Kreditanfragen sehr kritisch und zurückhaltend behandeln. – Ob Nachfolge, Transformation oder Expansion, nur mit der richtigen Finanzierung werden die eigenen Pläne Realität. Doch welche Instrumente stehen aktuell zur Verfügung und passen zu welchem Vorhaben? In einer Übersicht beschreibt Christian Futterlieb (VR Equity Partner) Welche Finanzierungen dem Mittelstand jetzt helfen.
Die Frage, wie Anteile an Private Equity-Fonds im Erbfall oder bei Schenkungen zu bewerten sind, gewinnt zunehmend an Bedeutung. Dr. Christoph Ludwig und Dr. Maximilian Mayer (beide BLL Braun Leberfinger Ludwig Unger) zeigen die aktuellen, praxisgerechten Lösungsansätze für Investoren auf: Erbschaftsteuerliche Aspekte bei der Bewertung von Private Equity-Fonds.
Vor einem Jahr hat Dr. Jürgen Michels (Bayern LB) hier sein Basisszenario einer zweiten Trump-Regierung vorgestellt und die möglichen Auswirkungen diskutiert. Viele seiner damaligen Annahmen zu Zöllen, Einwanderungspolitik, Ukraine-Krieg, US-Fiskalpolitik sind inzwischen Realität geworden. Heuer lautet sein Ökonomischer Ausblick: Es bleibt ungemütlich. – Er sagt vorher, dass mit keiner „Normalisierung“ in den USA zu rechnen ist, daß die geopolitischen Konflikte anhalten werden, aber Europa gestärkt aus der Krise hervorgehen kann.
Das FYB 2026, in seiner 23. Ausgabe, erfreut sich weiterhin großer Beliebtheit. Sie finden auch Einträge ausländischer PE-Unternehmen, die im FYB Financial Yearbook und auf dem deutschen Markt präsent sein wollen. Wir bieten Ihnen einen Überblick über PE- und VC-Firmen, Pivate Debt- und Mezzanine-Anbieter, Fund of Funds, kompetente Anwaltskanzleien, sowie Corporate Finance-Spezialisten, Unternehmens- und Personalberater und Netzwerke etc. – Das FYB 2026 bleibt weiterhin das führende Nachschlagewerk für alternative Finanzierungen in Deutschland. Lesen Sie regelmässig interessante Nachrichten auf www.fyb.de.
Herzlichst, Ihre
Tatjana Anderer
1) https://www.europarl.europa.eu/RegData/etudes/BRIE/2025/769566/EPRS_BRI(2025)769566_EN.pdf