ALTERNATIVE FINANZIERUNGSFORMEN
FÜR UNTERNEHMER UND INVESTOREN
3 Fragen an kluge Köpfe

Der Aufsichtsrat als Vertreter von Investoreninteressen im Start up-Bereich

Dazu 3 Fragen an Dr. Christof Schneider

ARQIS Rechtsanwälte, Düsseldorf
Foto: Dr. Chris­tof Schneider
1. März 2023

Die Mitglie­der des Aufsichts­rats einer Akti­en­ge­sell­schaft sollen im Fall von Start ups weit­ge­hend dieselbe Funk­tion einneh­men wie die Mitglie­der eines Beirats in einer GmbH. Aufgrund der deut­lich höheren Rege­lungs­dichte im Akti­en­recht unter­liegt ihre Tätigkeit jedoch weiter­ge­hen­den Beschränkungen. Hier gilt es auf poten­ti­elle, vesteckte Inter­es­sens­kon­flikte zu achten. 


Dazu 3 Fragen an Dr. Chris­tof Schnei­der, Part­ner bei ARQIS Rechtsanwälte, Düsseldorf

1. Wie ist die Situa­tion eines Aufsichts­ra­tes bei einer AG?
Bei der GmbH ist es gängige Praxis, daß die Inves­to­ren über ein weite­res Gesell­schafts­or­gan, den Beirat, auf Entschei­dun­gen der Geschäftsführung Einfluss nehmen können. Zu diesem Zweck wird ein Beirat imple­men­tiert, der in der Regel durch Veran­ke­rung im Gesell­schafts­ver­trag als echtes Gesell­schafts­or­gan ausge­stal­tet wird. Gewisse Kompe­ten­zen zur Kontrolle der Geschäftsführung werden durch Satzungs­re­ge­lung oder eine Geschäftsordnung auf den Beirat verla­gert, wodurch diese der eigent­lich zuständigen Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung (vgl. §§ 37, 46 Nr. 6 GmbHG) entzo­gen sind. Das Bedürfnis der Inves­to­ren, auf Entschei­dun­gen der Geschäftsführung, bei der AG, des Vorstan­des, Einfluss zu nehmen, besteht bei der AG in glei­chem Maße wie bei einer GmbH. Die unmit­tel­bare Einfluss­nahme auf die Geschäftsführung wird frei­lich durch den Grund­satz der Weisungs­frei­heit des Vorstands (§ 76 Abs. 1 AktG) deut­lich erschwert. Als effek­ti­ves Instru­ment der Kontrolle können ledig­lich Zustim­mungs­vor­be­halte des Aufsichts­ra­tes (§ 111 Abs. 4 S 2–5 AktG) dienen, von denen in der Praxis reger Gebrauch gemacht wird.
2. Welche Aufga­ben hat der Aufsichtsrat?
In der Praxis werden dem Aufsichts­rat durch die Betei­li­gungs- oder Gesell­schaf­ter­ver­ein­ba­rung auch Aufga­ben übertragen, die nicht mit der Geschäftsführung im Zusam­men­hang stehen, sondern für das Verhältnis der Aktionäre unter­ein­an­der von Bedeu­tung sind. Von zentra­ler Bedeu­tung für die Ausübung von Einfluss, insbe­son­dere für die Inves­to­ren, ist zunächst die Mitspra­che bei der Beset­zung des Aufsichts­rats, um dann über die betref­fen­den Mitglie­der ein Mitspra­che­recht im Aufsichts- und Kontroll­organ der Gesell­schaft zu erhal­ten. Daher werden Inves­to­ren regelmäßig ein Recht auf Benen­nung bzw. Entsen­dung von Aufsichts­rats­mit­glie­dern verlan­gen. Die Inves­to­ren sind meist daran inter­es­siert – wenn sie nicht ohne­hin den Auf- sichts­rat kontrol­lie­ren –, bestimmte Geschäfte der Zustim­mung durch eine quali­fi­zierte Aufsichts­rats­mehr­heit oder durch die von ihnen benann­ten Mit- glie­der zu unter­wer­fen (sog. Inves­to­ren­mehr­heit). Auch solche Rege­lun­gen können nur in der Gesell­schaf­ter­ver­ein­ba­rung fest­ge­legt werden. Weitere recht­li­che Schwie­rig­kei­ten erge­ben sich für die Frage, ob und unter welchen Umständen die Aufsichts­rats­mit­glie­der Infor­ma­tio­nen an die von ihnen repräsentierten Inves­to­ren weiter­ge­ben dürfen. Zunächst dürfen Aufsichts­rats­mit­glie­der im Grund­satz keine Infor­ma­tio­nen offen­le­gen oder weiter­ge­ben, die ihnen im Rahmen ihrer Organtätigkeit bekannt werden, es sei denn die Offen­le­gung läge im Unter­neh­mens­in­ter­esse. Im Fall eines Versto­ßes gegen diese Verschwie­gen­heits­pflicht sind die Aufsichts­rats­mit­glie­der nicht nur zum Ersatz des Scha­dens verpflich­tet, der durch die Offen­le­gung verur­sacht wurde (vgl. § 116 iVm § 93 Abs. 1 S. 3 AktG). Darüber hinaus droht den ihnen  im Fall einer unbe­fug­ten Infor­ma­ti­ons­wei­ter­gabe sogar eine straf­recht­li­che Verur­tei­lung (vgl. § 404 AktG). Bliebe es bei diesem Regime, würde dies jedoch an den Bedürfnissen der Praxis vorbei­ge­hen und zudem die betref­fen­den Aufsichts­rats­mit­glie­der in einen Inter­es­sen­kon­flikt stürzen. In der Praxis wird daher im juris­ti­schen Schrift­tum vertre­ten, dass in solchen Fällen ein konklu­den­tes Einverständnis mit der Infor­ma­ti­ons­wei­ter­gabe anzu­neh­men sei, zumal die Weiter­gabe der Infor­ma­tio­nen an die Inves­to­ren aus vorge­nann­ten Gründen ja sogar im Unter­neh­mens­in­ter­esse liegen dürfte.
3. Ist für ein Start up gene­rell die Gesell­schafts­form einer GmbH einer AG vorzuziehen?
Die Unabhängigkeit des Aufsichts­rats verhin­dert eine direkte Beein­flus­sung durch die Aktionäre und das Erfor­der­nis der Satzungsänderung durch die Haupt­ver­samm­lung macht Satzungs­re­ge­lun­gen unat­trak­tiv. Dies muss aber keinen Nach­teil im Wett­be­werb der Rechts­for­men für Start ups bedeu­ten. Es lassen sich in Kennt­nis der gesetz­li­chen Beschränkungen mit der erfor­der­li­chen Umsicht aber auf schuld­recht­li­cher Ebene praxis­taug­li­che Lösungen veran­kern, die den Inter­es­sen der Geld­ge­ber zur Durch­set­zung verhel­fen.   Christof.Schneider@Arqis.com Dr. Chris­tof Alex­an­der Schnei­der ist Part­ner im Tran­sac­tions-Team von ARQIS in Düsseldorf. Er berät zu sämtlichen Fragen des Gesell­schafts- und Akti­en­rechts, insbe­son­dere im Rahmen der Organtätigkeit von Vorständen, Aufsichtsräten und Beiratsmitgliedern. 

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