ALTERNATIVE FINANZIERUNGSFORMEN
FÜR UNTERNEHMER UND INVESTOREN
3 Fragen an kluge Köpfe

Wie steuern Private Equity-Unternehmen ihre Portfolios in der Krise?

Dazu 3 Fragen an Sven Oleownik

Gimv Germany
Foto: Sven Oleownik
27. Okto­ber 2020

Für Private Equity und Venture Capi­­tal-Fonds­­­ma­na­­ger entsteht Hand­lungs­be­darf in der Corona-Krise. Insbe­son­dere im Hinblick auf das vorhan­dene Port­fo­lio und das Aufrecht­erhal­ten des Vertrau­ens der Inves­to­ren. Sie müssen die Liqui­di­täts­si­tua­tion ihrer Port­­fo­­lio-Unter­­neh­­men zu stüt­zen und sichern. 


Dazu 3 Fragen an Sven Oleow­nik, Part­ner und Part­ner und Head Gimv Germany

1. Ist die aktu­elle Krise eine Bewäh­rungs­probe für den Ruf von Private Equity-Inves­ti­tio­nen im Mittelstand?

Eindeu­tig ja. Natür­lich ist dies diffe­ren­ziert zu betrach­ten. Eine Krise, die so eine immense Auswir­kung hat wie Covid-19,  ist für nieman­den vorher­seh­bar gewe­sen. Daher benö­tigt auch das Gros der Unter­neh­men Unter­stüt­zung, in finan­zi­el­ler Hinsicht aber auch darüber hinaus. Jedoch ist eine Häufung von schwe­ren Krisen­fäl­len in den Port­fo­lien von Betei­li­gungs­ge­sell­schaf­ten sicher ein ganz guter Indi­ka­tor für zwei wesent­li­che Punkte: Erstens ist das Händ­chen bei der Auswahl der Betei­li­gun­gen in Summe nicht beson­ders glück­lich gewe­sen. Wesent­lich ist aber zwei­tens die Frage, wie man gemein­sam mit seinen Betei­li­gun­gen die Krise meis­tert und wie stark man aus dieser wieder hervor­geht. Hier trennt sich die Spreu vom Weizen und es wird deut­lich, ob ein Inves­tor auch in der Lage und willens zur Hilfe­stel­lung ist.

2. Mit welchen Maßnah­men kann ein Private Equity-Inves­tor sein Port­fo­lio in Krisen­zei­ten best­mög­lich unterstützen?

Vor allem in einer Krisen­si­tua­tion merkt man, wie wert­voll es ist, Reser­ven zu haben um nicht unmit­tel­bar in Verzug zu gera­ten. Die damit gewon­nene Zeit, ist Gold wert, um sich über die Situa­tion und die notwen­di­gen Maßnah­men klar zu werden. Seitens des PE-Inves­tors kommt es also enorm darauf an, wie man Krisen, Verzö­ge­run­gen und sons­tige Probleme in seine Über­le­gun­gen einbe­zieht und seine Port­fo­lio-Unter­neh­men von Beginn an so aufstellt, dass sie auch stabil sind. Damit gewinnt man in Ausnah­me­si­tua­tio­nen von uner­war­te­tem Ausmaß, Zeit zum Gegensteuern.

In der Krise selbst geht darum, schnell zu erken­nen, wie sich die Situa­tion auf das Unter­neh­men auswirkt und welche Maßnah­men ange­bracht sind. Als Gesell­schaf­ter gilt es, das Manage­ment des Unter­neh­mens gezielt zu unter­stüt­zen. Wir haben deshalb soge­nannte Kompe­tenz-Center mit Kern­the­men und quali­fi­zier­ten, krisen­er­fah­re­nen Spezia­lis­ten defi­niert, auf die jeder zuge­hen kann, um Unter­stüt­zung anzu­fra­gen und dieses Know-how rasch mit allen Port­fo­lio-Unter­neh­men zu teilen. Dazu gehö­ren die wesent­li­chen Themen wie Szena­rio- und Liqui­di­täts­pla­nung, Kurzarbeit/Arbeitsrecht, Covid-19-Schutz­maß­nah­men im Unter­neh­men, Bankengespräche/Fördermittel, Stabi­li­sie­rung und Ausbau Liefer­ket­ten, Kunden­ge­sprä­che, Wett­be­werbs­mo­ni­to­ring usw.

Dieses Wissen wird gemein­sam mit den Erfah­run­gen aus der aktu­el­len Situa­tion über das gesamte Port­fo­lio laufend weiter entwi­ckelt und allen Unter­neh­men im Sinne eines „Best Prac­tice Sharing“ gezielt zur Verfü­gung gestellt. Damit gewinnt man deut­lich an Quali­tät und Geschwin­dig­keit, vermei­det Doppel­ar­bei­ten, erhöht die Prag­ma­tik in der Zusam­men­ar­beit. Wich­tig ist es, nicht in der Defen­sive zu verhar­ren, sondern zu über­le­gen, wie man eine Krise nutzen kann, um das Unter­neh­men zu stär­ken, Markt­an­teile auszu­bauen, Inves­ti­tio­nen zu täti­gen, Add-on Akqui­si­tio­nen zu suchen und umzu­set­zen. Dafür bieten Krisen viele Möglich­kei­ten und es wird auch eine Zeit danach geben. Hier zeigt sich, dass für den Erfolg dieser Maßnah­men die vertrau­ens­volle Zusam­men­ar­beit zwischen PE und Betei­li­gung wich­tig ist. Eine Krise bietet die Chance, das gegen­sei­tige Vertrauen deut­lich auszubauen.

3. Worauf gilt es zu achten bei Neuin­ves­ti­tio­nen in Krisenzeiten?

Es gibt ja schon wieder einige Bewe­gung im Markt– vor allem bei Unter­neh­men, die Corona-resi­li­ent sind und nun schnell weiter Gas geben wollen und können, etwa in den Berei­chen Food, IT/ICT, Digitalisierung/Security, Infra­struk­tur, Healthcare/Medtech um ein paar Bespiele zu nennen. Sobald sich die Krise abflacht und mehr Zukunfts­si­cher­heit besteht, werden auch wieder mehr Unter­neh­men auf dem Markt sein, die vor der Krise gesund und dann in der Krise ange­schla­gen waren.

Grund­sätz­lich muss man sich vor einem Neuin­vest­ment fragen: Ist das Unter­neh­men kurz­fris­tig oder lang­fris­tig von der Krise betrof­fen? Also hat das Unter­neh­men ein zeit­lich befris­te­tes oder struk­tu­rel­les Problem? Wie kann man Chan­cen gezielt nutzen, die in der Krise liegen und so die Wett­be­werbs­po­si­tion nach­hal­tig verbes­sern auch für die Zeit danach? Und falls ein Unter­neh­men von der Krise profi­tiert, ist dies nach­hal­tig oder nur ein kurz­fris­ti­ger Effekt? Denn die Finan­zie­rung wird auch bei Unter­neh­men, die von der Krise profi­tie­ren, schwie­ri­ger. Deswe­gen sind diese Unter­neh­men aber nicht weni­ger wert. „Schnäpp­chen“ soll­ten jetzt nicht das Ziel sein. Fair­ness sollte immer die Grund­lage von Denken und Handeln sein, was sich auch in einer Bewer­tung wider­spie­gelt, die Corona-Effekte heraus­rech­net und die Basis für eine viel­ver­spre­chende Zukunft legt. Denn ein nach­hal­tig guter Ruf ist das Kapi­tal eines Finanz­in­ves­tors und sehr viel mehr wert als eine kurz­fris­tige Optimierung.

 

 

Über Sven Oleownik
Vor seinem Einstieg bei Gimv verant­wor­tete Dr. Sven Oleow­nik als Mana­ging Part­ner zwölf Jahre den Bereich Corpo­rate Finance Advi­sory bei dem „Big 4“ Wirt­schafts­prü­fungs- und Bera­tungs­un­ter­neh­men Deloitte in Deutsch­land. Dort zählte er sowohl große Konzerne (z.B. BASF, Deut­sche Tele­kom, Luft­hansa, Siemens, Volks­wa­gen), verschie­dene Private-Equity-Häuser (u.a. Apax, Carlyle, Emeram. EQT, Hanno­ver Finanz, River­side) als auch diverse mittel­stän­di­sche Unter­neh­men (etwa Bionade, Jochen Schwei­zer, Frequen­tis, MEN,  Runner­spoint) zu seinen Kunden. — Im Laufe seiner beruf­li­chen Lauf­bahn hat Sven Oleow­nik über 100 Trans­ak­tio­nen, teil­weise auch an den öffent­li­chen Kapi­tal­markt beglei­tet. Darüber hinaus über­nahm er aktive Rollen als Beirats- oder Aufsichts­rats­mit­glied (z.B. Bionade, Bench, Regio­lux). Heute vertritt er Gimv im Aufsichts­rat von Thinkstep und Wemas.

 

 

 

 

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