ALTERNATIVE FINANZIERUNGSFORMEN
FÜR UNTERNEHMER UND INVESTOREN
3 Fragen an kluge Köpfe

Welche Rolle spielen Family Offices in der Wachstumsfinanzierung?

Dazu 3 Fragen an Hendrik Brandis

EARLYBIRD in München und Berlin
Foto: Hendrik Brandis
25. Septem­ber 2019

Family Offices spie­len eine zuneh­mend rele­vante Rolle in der Wachs­tums­fi­nan­zie­rung viel­ver­spre­chen­der Wachs­tums­un­ter­neh­men. Wesent­li­cher Gründe hier­für sind das nach wie vor vorhan­dene Finan­zie­rungs­va­kuum im Bereich Venture Capi­tal, das zuneh­mend schwie­rige Anla­ge­um­feld in fast allen ande­ren Anla­ge­klas­sen und die im Ergeb­nis stark verbes­serte rela­tive und auch abso­lute Perfor­mance im Bereich Venture Capi­tal und Wachs­tums­fi­nan­zie­rung. Lag der Median IRR der globa­len VC Indus­trie 2007 noch bei mage­ren 3%, ist dieser auf beein­dru­ckende 16% in 2017 gestie­gen. Darüber hinaus sind Fami­lie Offices (Fos) mit ihren häufig „tiefen Taschen“ bei gleich­zei­tig langem Anla­ge­ho­ri­zont für Wachs­tums­fi­nan­zie­run­gen stra­te­gisch gut aufge­stellt. Handelt es sich dann noch um Wachs­tums­un­ter­neh­men mit Bezug zu frühe­ren oder aktu­el­len Kern­ak­ti­vi­tä­ten des Family Offices, sind Family Offices für Wachs­tums­un­ter­neh­men auch ein sehr attrak­ti­ver Partner.


Dazu 3 Fragen an Hendrik Bran­dis, Grün­dungs­part­ner von EARLYBIRD in München und Berlin

1. In welcher Finan­zie­rungs­phase sind FOs präsent?

Beson­dere Rele­vanz haben Family Offices für späte­ren Finan­zie­rungs­pha­sen von Wachs­tums­un­ter­neh­men. Einmal sind in dieser Entwick­lungs­phase andere insti­tu­tio­nelle Inves­to­ren in Europa beson­ders unter­re­prä­sen­tiert. In den USA wird für jeden in der Früh­phase inves­tier­ten Dollar über 3 Dollar in späte­ren Phasen inves­tiert. In Europa liegt dieses Verhält­nis nur bei 1 zu 1. Entspre­chend größer sind die Oppor­tu­ni­tä­ten in späte­ren Phasen.

Zum ande­ren sind die Eintritts­bar­rie­ren in Form eines guten Zugangs zu dem rele­van­ten Deal­f­low in der Spät­phase ungleich klei­ner. Die Anzahl viel­ver­spre­chen­der Ziel­un­ter­neh­men liegt bei nur bei 5–10% der rele­van­ten Menge in der Früh­phase. Die mögli­chen Ziel­un­ter­neh­men sind bereits am Markt aktiv und visi­bel. Eine aktive Anspra­che ist grund­sätz­lich möglich, während Früh­pha­sen­in­ves­to­ren zum guten Teil darauf ange­wie­sen sind, recht­zei­tig von den rele­van­ten Unter­neh­mern ange­spro­chen zu werden. Dafür ist eine gewisse Bekannt­heit der Inves­to­ren­marke und eine gute Repu­ta­tion wich­tig. Das wider­spricht aber der verbrei­te­ten Philo­so­phie von Family Offices, lieber eher aus dem Hinter­grund zu agieren.

2. Welche FOS beob­ach­ten Sie in der frühen Finan­zie­rungs­phase? Wie aktiv sind sie? Welche Assets brin­gen sie mit?

Einige Family Offices haben sich entschie­den, auch in der Früh­phase aktiv zu sein. In diesem Fall beob­achte ich eine weit­ge­hende Anglei­chung der Struk­tu­ren an die unab­hän­gi­ger Früh­pha­sen Venture Capi­tal Fonds. Das Family Office wird zum einzi­gen „LP“ (Geld­ge­ber) eines Früh­pha­sen Fonds, der von einem profes­sio­nel­len Team von Früh­pha­sen-Inves­to­ren gema­na­ged wird. Dieses Team ist in aller Regel markt­üb­lich incen­ti­viert und kann rela­tiv frei agie­ren. Typisch sind ledig­lich ein paar Vorga­ben zur Invest­ment­strat­gie, die darauf abzie­len die Kompa­ti­bi­li­tät der Früh­pha­sen-Invest­ments mit den sons­ti­gen Akti­vi­tä­ten des Family Offices bzw. der Fami­lie zu gewähr­leis­ten. Dazu behält sich häufig das Family Office die finale Invest­ment­ent­schei­dung durch Führung des Invest­ment Commit­tees vor. Gegen­über unab­hän­gi­gen Venture Capi­tal Fonds haben diese Family Office Funds den Vorteil, kaum Aufwand für Fund­rai­sing zu haben und sich damit voll auf die Port­fo­lio­ar­beit konzen­trie­ren zu können. Zudem ist häufig ein Zugriff auf das Know­how aus ande­ren Akti­vi­tä­ten des Family Offices oder der Fami­lie möglich, wodurch Syner­gien entste­hen können.

3. In welche Rich­tung werden FOs sich in Zukunft Ihrer Einschät­zung nach entwickeln?

Ich glaube an eine sich weiter verstär­kende Präsenz von Family Offices im Bereich der Wachs­tums­fi­nan­zie­rung. – Erstens weil die Rendi­te­per­spek­ti­ven in Folge der sich weiter beschleu­ni­gen­den tech­no­lo­gi­schen Inno­va­tion weitere zuneh­men während sie in ande­ren Berei­chen anhal­tend unter Druck stehen. Zwei­tens, weil Family Offices aus den oben genann­ten Grün­den grund­sätz­lich gut für die in der Regel lang­fris­tig ausge­leg­ten Inves­ti­tio­nen in Wachs­tums­un­ter­neh­men gut geeig­net sind.

 

Über Hendrik Brandis

Studium Luft- und Raum­fahrt­tech­nik an der TU München. Nach seinem Abschluss war er drei Jahre als Inge­nieur beim Airbus-Vorgän­ger EADS, 1991 wech­selte er zu McKin­sey, wo er Chris­tian Nagel kennen­lernte. 1997 grün­de­ten sie gemein­sam mit Roland Manger und Rolf Mathies Early­bird. Das Unter­neh­men hat knapp 50 Mitar­bei­ter (aufge­teilt auf Büros in Berlin, München und Istan­bul) und verwal­tet Assets im Wert von über einer Milli­arde Euro. Early­bird inves­tierte bislang in rund 170 Unter­neh­men, wobei bis Ende 2018 sieben Börsen­gänge und 22 sons­tige Exits („Trade Sales“) reali­siert wurden.

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