ALTERNATIVE FINANZIERUNGSFORMEN
FÜR UNTERNEHMER UND INVESTOREN
3 Fragen an kluge Köpfe
Foto: Jan-Oliver Kliemann

Warum Unternehmer gerne in Familien-Unternehmen investieren

Dazu 3 Fragen an Jan-Oliver Kliemann

ARGOS in München
Foto: Jan-Oliver Kliemann
14. Okto­ber 2020

Häufig sind Eigentümer eines Fami­li­en­un­ter­neh­mens in einer Nach­fol­ge­si­tua­tion auf der Suche nach einem Part­ner, der ein ähnliches Verständnis von Nach­hal­tig­keit und Verant­wor­tungs­be­wusst­sein hat und die Zukunftsfähigkeit des Unter­neh­mens errei­chen will. Finanz­in­ves­to­ren diffe­rie­ren in ihren Inves­ti­ti­ons­stra­te­gien in vieler­lei Hinsicht. Welche Attri­bute brin­gen Privat­in­ves­to­ren mit, wenn sie einen Betei­li­gung an einem Fami­li­en­un­ter­neh­men eingehen?


Dazu 3 Fragen an Jan-Oliver Klie­mann, Geschäfts­füh­rer bei ARGOS in München

1. Warum sind Unter­neh­mer gut darin, selbst weiter in Fami­li­en­un­ter­neh­men zu investieren?

Ein Unter­neh­mer ist mit Herz, Seele und meist auch mit Fami­lie am Stand­ort des Unter­neh­mens vertre­ten. Kapi­tal und Manage­ment kommen aus einer Hand, wie es bei einem Fami­li­en­un­ter­neh­men in der Regel auch der Fall ist. Es gibt keinen Port­fo­lio-Ansatz, bei dem man ein Unter­neh­men abschreibt. Aufge­ben ist für einen Unter­neh­mer keine Option.
Gleich­zei­tig haben wir als „Fami­lien-Unter­neh­mer“ einen lang­fris­ti­gen Ansatz. Wenn ich einen Hori­zont von Jahr­zehn­ten habe, treffe ich andere Entschei­dun­gen als wenn ich, wie bei einem Private Equity-Fonds notwen­dig, schon beim Kauf an den baldi­gen Exit denke. Beispiel Ausbil­dungs­pro­gramm: Bei einer unse­rer Firmen betrei­ben wir ein sehr teures spezia­li­sier­tes Ausbil­dungs­pro­gramm. Für die ersten acht Jahre hat das Programm keine Rele­vanz für den Erfolg des Unter­neh­mens, sondern produ­ziert vor allem Kosten. Ein kurz­fris­tig orien­tier­ter Inves­tor müsste das Programm somit schlie­ßen. Lang­fris­tig ist das Programm jedoch elemen­tar für die Siche­rung unse­res Nach­wuch­ses und auch unse­rer Führungs­kräfte, von denen übri­gens 80% das eigene Ausbil­dungs­pro­gramm absol­viert haben!

2. Wie muss man sich das Proce­dere in der Praxis vorstellen?

Zunächst einmal ist die persön­li­che Pass­form wich­tig. Man muss sich mit dem Fami­li­en­un­ter­neh­mer in die Augen schauen und fragen: Passt es zwischen uns? Umge­kehrt fragt sich auch der Verkäu­fer: Kann der andere mein Unter­neh­men führen? Nicht selten kehrt der Verkäu­fer die Due Dili­gence um und schaut sich den Käufer genau an: Wie geht der Erwer­ber mit seinen bestehen­den Unter­neh­men um? Wird er mein Fami­li­en­un­ter­neh­men gut weiter­füh­ren? Die alten Unter­neh­mer blei­ben meist am Unter­neh­mens­stand­ort wohnen. Es gibt Unter­neh­mer, die auch nach 15 Jahren noch täglich ins Büro kommen, andere wollen rela­tiv schnell emotio­nal Abstand finden. Trotz­dem stellt sich der Unter­neh­mer bei Verkauf häufig die Frage, ob er auch in Jahren noch glück­lich mit der Käufer­aus­wahl sein wird.
Für uns als Nach­fol­ger in erfolg­rei­chen Unter­neh­men heißt es nach der Trans­ak­tion, das Unter­neh­men besser kennen­zu­ler­nen und die „DNA“ des Unter­neh­mens zu verste­hen. Wie laufen die Dinge im Unter­neh­men? Warum sind Abläufe so, wie sie sind? Viele Erfolgs­fak­to­ren erkennt man erst auf den zwei­ten oder drit­ten Blick – und eben nur dann, wenn man sich damit beschäf­tigt und bereit ist, zu lernen.

3. Macht es einen Unter­schied, ob ein Unter­neh­mer ein Fami­li­en­un­ter­neh­men weiterführt?

Ich glaube, es macht sowohl für das Unter­neh­men als auch für das Umfeld einen großen Unter­schied. Es kommt schließ­lich kein Konzern, der über kurz oder lang Syner­gien heben will und dem Unter­neh­men seine Marke und Iden­ti­tät — und nicht zuletzt sein Konzern-Report­ing über­stülpt. Es kommt ein Mensch, der auf dem Flur ansprech­bar ist und mit dem man auch private Themen teilen kann. Es geht insge­samt persön­lich zu. Auch das Umfeld bleibt stabil. Wir haben beispiels­weise noch nie den Steu­er­be­ra­ter, Wirt­schafts­prü­fer oder Haus­an­walt der Fami­li­en­un­ter­neh­men gewech­selt. Stand­ort und Mitar­bei­ter blei­ben stabil, wie auch eine Hand­schlag­men­ta­li­tät gegen­über Liefe­ran­ten und Part­nern vor Ort. Das sind gewach­sene Struk­tu­ren, die ihre Daseins­be­rech­ti­gung haben. Auch soziale Kompo­nen­ten sind wich­tig: Als Unter­neh­mer kann ich Projekte wie ein loka­les Spon­so­ring des Fußball­ver­eins oder des Kinder­gar­tens weiter­füh­ren. Wenn ich mit frem­dem Geld agiere, ob im Konzern oder aus einem Fonds, kann ich das meist nicht machen. Außer­dem bieten wir als Unter­neh­mer dem Unter­neh­men wie dem Umfeld Sicher­heit, weil wir in 20 Jahren Argos kein Unter­neh­men veräu­ßert haben – auch ein unver­schäm­tes Ange­bot lässt einen Fami­li­en­un­ter­neh­mer nicht an einen Verkauf denken, wenn es nicht seiner Lebens­pla­nung entspricht.

Über Jan-Oliver Kliemann
Jan-Oliver Klie­mann ist seit 2013 Geschäfts­füh­rer bei der Argos GmbH (www.argosinvest.com ). Gemein­sam mit Hans Peter Maaßen, Florian Pape, Frank Herdeg und Julian Schrö­der über­nimmt er mittel­stän­di­sche Unter­neh­men in Nach­fol­ge­si­tua­tio­nen, um sie weiter­zu­füh­ren – ohne Inter­esse an einer Weiter­ver­äu­ße­rung (20 Jahre Argos, 0 Verkäufe). Die Unter­neh­men werden ausschließ­lich mit Eigen­ka­pi­tal der Argos-Geschäfts­füh­rer erwor­ben, so dass es keine Abhän­gig­kei­ten von exter­nen Inves­to­ren gibt. Ziel­un­ter­neh­men sind ausschließ­lich erfolg­rei­che, mittel­stän­di­sche Fami­li­en­un­ter­neh­men in Nach­fol­ge­si­tua­tio­nen in den Berei­chen produ­zie­ren­des Gewerbe und Dienst­leis­tun­gen (EBIT-Margen >10%, EBIT EUR 3–15 Mio.).

Jan-Oliver Klie­mann ist Physi­ker und promo­vier­ter Inge­nieur und war vor seiner unter­neh­me­ri­schen Tätig­keit in einer Unter­neh­mens­be­ra­tung tätig. Er ist verhei­ra­tet, hat zwei Kinder und lebt mit seiner Fami­lie in München.

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