ALTERNATIVE FINANZIERUNGSFORMEN
FÜR UNTERNEHMER UND INVESTOREN
3 Fragen an kluge Köpfe

Schadensevaluierung bei Unternehmenskaufverträgen

Dazu 3 Fragen an K. Schumacher

Alva­rez & Marsal
Foto: K. Schu­ma­cher | Alva­rez & Marsal
26. Juni 2013

Bei der Trans­ak­tion eines Unter­neh­mens müssen viele Einzel­hei­ten durch­dacht und möglichst opti­mal gestal­tet werden. Der Unter­neh­mens­wert muss berech­net werden. Die Progno­sen für die zukünf­tige Entwick­lung des Unter­neh­mens muss realis­tisch und plau­si­bel sein. Auch die steu­er­li­che Ausrich­tung sollte voraus­bli­ckend konzi­piert sein. Alle diese Para­me­ter stel­len zugleich auch Fehler­quel­len dar. Welche Schä­den können sich in Unter­neh­mens­kauf­ver­trä­gen erge­ben und wie kann man ihnen begeg­nen oder sie besser noch vermeiden?


Dazu 3 Fragen an Senior Direc­tor bei der Unter­neh­mens­be­ra­tung Alva­rez & Marsal in München

1. Wie häufig gibt es eigent­lich strit­tige Situa­tio­nen bei Unternehmenstransaktionen?

Strei­tig­kei­ten im Zusam­men­hang von Unter­neh­mens­trans­ak­tio­nen will eigent­lich niemand. Aufgrund der doch hohen Kauf­preise kommt es aller­dings häufi­ger als vermu­tet zu Ausein­an­der­set­zun­gen – von der nach­ver­trag­li­chen Diskus­sion, über Nach­ver­hand­lung bis hin zu prozes­sua­len Ausein­an­der­set­zun­gen vor einem Gericht oder Schieds­ge­richt.   Gemein­sam mit einem Geschäfts­part­ner haben wir hierzu auf der Basis von über 1.300 Unter­neh­mens­trans­ak­tio­nen eine Unter­su­chung durch­ge­führt. Diese Unter­su­chung kam zu dem Ergeb­nis, dass derzeit rund 10 Prozent aller Trans­ak­tio­nen zu Nach­ver­hand­lun­gen führen bzw. in der einen oder ande­ren  Form strit­tig werden. Die Teil­neh­mer unse­rer Unter­su­chung gehen für die Zukunft sogar von einer Zunahme von Streit­fäl­len aus. Hinter­grund ist, dass die derzei­ti­gen wirt­schaft­li­chen Rahmen­be­din­gun­gen und Compli­ance-Vorschrif­ten vielen Markt­teil­neh­mern keine Wahl mehr lassen, da sie ansons­ten auf mehrere Millio­nen Euro Kauf­preis zu verzich­ten bzw. beim Kauf zu viel zu zahlen hätten. Mehr als 12 Prozent der Studien-Teil­neh­mer gaben sogar an, bei mindes­tens einer Trans­ak­tion den Kauf­preis um mehr als 50 Prozent durch Nach­ver­hand­lun­gen oder Ausein­an­der­set­zun­gen redu­ziert zu haben.

2. Wie wird über­haupt ein Scha­den bei einem Kauf­ver­trag ermit­telt? Welche Fehler­quel­len kann es dabei geben?

Grund­sätz­lich soll der Geschä­digte immer so gestellt werden, wie er ohne die Schä­di­gung stünde. Dieses rela­tiv einfa­che Prin­zip der Scha­denser­mitt­lung muss aller­dings je nach Juris­dik­tion und Kauf­ver­trag ange­passt werden. Und diese Anpas­sun­gen können rela­tiv kompli­ziert sein.

Die am häufigs­ten ange­wen­dete Form der Scha­denser­mitt­lung ist das „but-for-Szena­rio“. Es stellt die Ist-Situa­tion (mit Schä­di­gung) der Soll-Situa­tion (ohne Schä­di­gung) gegen­über. Im Zuge der Diffe­renz­be­trach­tung können so auch scha­dens­er­hö­hende und –mindernde Bestand­teile wie Steu­er­ef­fekte, Zinsen, Scha­dens­min­de­run­gen oder ähnli­ches Berück­sich­ti­gung finden. Schwie­ri­ger wird es, wenn der Scha­den z.B. das EBIT oder EBITDA des Norm­jahrs betrifft und die Parteien den Kauf­preis mittels EBIT-/EBITDA-Multi­pli­ka­tor abge­lei­tet haben. Hier­bei stellt sich dann immer die Frage, ob der Scha­den nur einfach oder gleich mehr­fach (in Höhe des Multi­pli­ka­tors) ersetzt werden soll. — Nicht nur aus der juris­ti­schen Perspek­tive sind dieses äußerst span­nende Fragestellungen.

Die häufigste Fehler­quelle in der Praxis sind hinge­gen  Bilan­zie­rungs­feh­ler oder treten bei Bilanz­ga­ran­tien auf. Wurde z.B. eine Rück­stel­lungs­bil­dung unter­las­sen, so gehen selbst  erfah­rene Prozess­recht­ler noch immer davon aus, dass der Scha­den „nur“ die Bilanz­un­ter­de­ckung darstellt – und zwar Euro-für-Euro. Aller­dings führen Zins­ef­fekte, Steu­ern, Folge­schä­den und Scha­dens­min­de­run­gen schnell zu tatsäch­li­chen Schä­den die 40 Prozent und mehr darüber oder auch darun­ter liegen können. Gerade bei größe­ren Bilanz­un­ter­de­ckun­gen raten wir daher unse­ren Mandan­ten dazu, genauere Ermitt­lung vorzunehmen.

3. Welche Tips und Empfeh­lun­gen würden Sie vor/ bei einer Unter­neh­mens­trans­ak­tion geben, um ‘Miss­ver­ständ­nis­sen’ vorzubeugen?

Unsere Tips sind  sehr prag­ma­tisch. Zuerst einmal können wir nicht genug beto­nen, wie wich­tig es ist, einen erfah­re­nen Rechts­be­ra­ter  zur Seite zu haben, der nicht nur Text­bau­steine zusam­men­ko­piert, sondern vor allem auch die Wech­sel­wir­kun­gen bedenkt.

Aus Sicht des Käufers schafft es zudem Trans­pa­renz, die Ermitt­lung des Kauf­prei­ses im Kauf­ver­trag offen­zu­le­gen. Aus der Verkäu­fer­per­spek­tive ist der Zugang zu Unter­la­gen im Streit­fall immer wieder ein lästi­ges Thema. Hier sollte ein guter Kauf­ver­trag bereits entspre­chende voraus­schau­ende Vorkeh­run­gen für den Even­tu­al­fall enthalten.

Aufgrund der zuneh­men­den Ausein­an­der­set­zun­gen nach dem Closing ist der  Aufbe­wah­rung von Doku­men­ten und vor allem auch der geführ­ten Kommu­ni­ka­tion eine immer größere Bedeu­tung beizu­mes­sen. Schließ­lich schei­tern zahl­rei­che Post‑M&A‑Klagen ausschließ­lich an den notwen­di­gen Bewei­sen. Auch können ein oder zwei verlo­rene Post‑M&A‑Klagen bei einem Private Equity-Fonds bereits ausrei­chen, um die gefor­derte Ziel­ren­dite unter Druck zu bringen.

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