Schadensevaluierung bei Unternehmenskaufverträgen
Grundsätzlich soll der Geschädigte immer so gestellt werden, wie er ohne die Schädigung stünde. Dieses relativ einfache Prinzip der Schadensermittlung muss allerdings je nach Jurisdiktion und Kaufvertrag angepasst werden. Und diese Anpassungen können relativ kompliziert sein.
Die am häufigsten angewendete Form der Schadensermittlung ist das „but-for-Szenario“. Es stellt die Ist-Situation (mit Schädigung) der Soll-Situation (ohne Schädigung) gegenüber. Im Zuge der Differenzbetrachtung können so auch schadenserhöhende und –mindernde Bestandteile wie Steuereffekte, Zinsen, Schadensminderungen oder ähnliches Berücksichtigung finden. Schwieriger wird es, wenn der Schaden z.B. das EBIT oder EBITDA des Normjahrs betrifft und die Parteien den Kaufpreis mittels EBIT-/EBITDA-Multiplikator abgeleitet haben. Hierbei stellt sich dann immer die Frage, ob der Schaden nur einfach oder gleich mehrfach (in Höhe des Multiplikators) ersetzt werden soll. — Nicht nur aus der juristischen Perspektive sind dieses äußerst spannende Fragestellungen.
Die häufigste Fehlerquelle in der Praxis sind hingegen Bilanzierungsfehler oder treten bei Bilanzgarantien auf. Wurde z.B. eine Rückstellungsbildung unterlassen, so gehen selbst erfahrene Prozessrechtler noch immer davon aus, dass der Schaden „nur“ die Bilanzunterdeckung darstellt – und zwar Euro-für-Euro. Allerdings führen Zinseffekte, Steuern, Folgeschäden und Schadensminderungen schnell zu tatsächlichen Schäden die 40 Prozent und mehr darüber oder auch darunter liegen können. Gerade bei größeren Bilanzunterdeckungen raten wir daher unseren Mandanten dazu, genauere Ermittlung vorzunehmen.
Unsere Tips sind sehr pragmatisch. Zuerst einmal können wir nicht genug betonen, wie wichtig es ist, einen erfahrenen Rechtsberater zur Seite zu haben, der nicht nur Textbausteine zusammenkopiert, sondern vor allem auch die Wechselwirkungen bedenkt.
Aus Sicht des Käufers schafft es zudem Transparenz, die Ermittlung des Kaufpreises im Kaufvertrag offenzulegen. Aus der Verkäuferperspektive ist der Zugang zu Unterlagen im Streitfall immer wieder ein lästiges Thema. Hier sollte ein guter Kaufvertrag bereits entsprechende vorausschauende Vorkehrungen für den Eventualfall enthalten.
Aufgrund der zunehmenden Auseinandersetzungen nach dem Closing ist der Aufbewahrung von Dokumenten und vor allem auch der geführten Kommunikation eine immer größere Bedeutung beizumessen. Schließlich scheitern zahlreiche Post‑M&A‑Klagen ausschließlich an den notwendigen Beweisen. Auch können ein oder zwei verlorene Post‑M&A‑Klagen bei einem Private Equity-Fonds bereits ausreichen, um die geforderte Zielrendite unter Druck zu bringen.