
Neue Regierung — neue Rahmenbedingungen für Alternative Investments
Bundesverband Alternative Investments e.V.
Foto: Frank Dornseifer
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14. Mai 2025
1. Wie würden Sie aktuell die Stimmung bei den alternativen Investoren beschreiben?
Auf der diesjährigen Alternative Investor Conference (AIC) gab es aus der Branche, aber auch von institutionellen Investoren einen durchaus optimistischen Ausblick. Das Jahr 2025 ist in vielerlei Hinsicht eine Zeitenwende, die gegenwärtigen Turbulenzen an den Kapitalmärkten belegen dies nur zu deutlich. Dass private wie institutionelle Anleger in diesem Umfeld nach Stabilität und Orientierung suchen, verwundert also nicht.
Gleichzeitig gibt es aber auch gigantischen Finanzierungsbedarf in vielen Bereichen, wie etwa Infrastruktur, Erneuerbare Energien, Wagniskapital, Transformation und — nicht zuletzt – Verteidigung. Und das Bemerkenswerte dabei ist, dass Politik und Regulatoren endlich erkannt haben, dass dringend privates Kapital benötigt wird und dafür explizit verbesserte Rahmenbedingungen geschaffen werden sollen. Sowohl die neue Bundesregierung, als auch die EU-Kommission haben das prominent verortet.
Zunächst hatte zu Beginn des Jahres die EU-Kommission ihre Agenda für die Savings and Investments Union (SIU) und vor Ostern dann die neue Bundesregierung den Koalitionsvertrag vorgelegt. Beide Dossiers adressieren die vorgenannten Problemstellungen und enthalten bemerkenswerte Aussagen für die institutionelle Kapitalanlage mit besonderem Augenmerk auf Alternative Investments und Institutionelle Investoren wie Versicherer und Pensionsfonds. In einer neuen und zu begrüßenden Offenheit betont die EU-Kommission, dass Maßnahmen getroffen werden müssen, damit für diese Anlegergruppe „keine unangemessenen regulatorischen Hindernisse für den Zugang zu diesen Anlageklassen bestehen“ und benennt sogar das Solvency II Regelwerk für Versicherungsunternehmen und den Grundsatz der unternehmerischen Vorsicht („prudent person principle“) im Kontext der Pensionsfonds als solche unangemessenen regulatorischen Hindernisse, die es zu beseitigen gilt.
Im jüngst beschlossenen Koalitionsvertrag verpflichtet sich die neue Bundesregierung im Kapitalmarktrecht einen „rechtssicheren und europäisch wettbewerbsfähigen Rahmen für Investitionen von Fonds in Infrastruktur und Erneuerbare Energien zu schaffen“, in dem auch steuerrechtliche Regelungen zielgerichtet anzupassen sind. Und durch bessere Beteiligungsmöglichkeiten institutioneller Investoren soll die Verfügbarkeit u.a. von Wagniskapital erhöht werden.
Aus meiner Sicht darf man bei dieser Ausgangslage auch durchaus – wieder – optimistisch nach vorne schauen. Endlich gibt es deutliche Commitents von politischer und regulatorischer Seite.
2. Was muß sich Ihrer Meinung nach ändern? Und wer muß etwas ändern?
Bisher gab es eher immer nur punktuelle Änderungen und Verbesserungen für Investitionen über bzw. in alternative Investmentfonds. Beispiele sind das sog. Long-Term-Equity-Modul (LTE) unter Solvency II, progressive Regelungen für Kreditfonds (also die Anlageklasse Private Debt), oder nationale Initiativen wie die Einführung der Infrastrukturquote und die Erhöhung der Risikokapitalquote in der Anlageverordnung. Jetzt ist ein ganzheitlicher Ansatz bei zukünftigen Gesetzgebungsinitiativen gefragt.
Sowohl die EU-Kommission, aber auch die neue Bundesregierung stehen nun im Wort, den europäischen Kapitalmarkt und die Regulierung der maßgeblichen Akteure besser und effizienter zu machen, damit die immensen Finanzmittel, die jetzt dringend notwendig sind, auch mobilisiert werden können. Die EU-Kommission konsultiert derzeit einen umfassenden Fragenkatalog speziell für die Fonds- bzw. Asset Management Branche; dabei geht es darum, wie die europäische Aufsichtsarchitektur verbessert und vereinfacht werden kann. Das lässt hoffen. Und auf nationaler Ebene spricht einiges dafür, dass zunächst die sog. AIFMD-II-Umsetzung, also vor allem das neue europäische Regelwerk für Kreditfonds, schnell wieder auf die Agenda kommt, inklusive flankierender steuerrechtlicher Regelungen für diese. Gleiches erwarten wir mit Blick auf das Zukunftsfinanzierungsgesetz II, damit Infrastruktur-Investitionen angekurbelt werden können.
3. Für Infrastruktur wurde in gigantisches Sondervermögen von der Regierung bereit gestellt. Wie können sich hierbei private Investoren einbringen?
Für großes Aufsehen hat natürlich das noch vom alten Bundestag verabschiedete Infrastruktur-Sondervermögen in Höhe von 500 Mrd. Euro gesorgt. Allen Beteiligten ist aber klar, dass es mindestens in gleichem Umfang auch noch privates Kapital braucht, um die immensen Projekte allein in Deutschland zu finanzieren. Und genau deshalb war es so wichtig, dass im Februar auch noch die Anlage-Verordnung geändert wurde, die neben der Einführung einer dezidierten Infrastruktur-Quote i. H. v. 5 % des Sicherungsvermögens auch die Erhöhung der Risikokapitalanlagen-Quote von 35 % auf 40 % enthält und zudem eine Flexibilisierung der sog. Öffnungsklausel.
Wir erwarten jetzt vor allem auf steuerrechtlicher Seite Klarstellungen und Vereinfachungen, damit institutionelle Investoren, grade über Spezial-AIF, verstärkt in Erneuerbare Energien und Infrastruktur investieren können. Gleichzeitig benötigen wir auch noch eine Infrastrukturplattform in Deutschland, quasi eine Infrastruktur-Gesellschaft Deutschland, in der die Projekte auf kommunaler, Landes- oder Bundesebene gebündelt, standardisiert, skaliert und eben investierbar gemacht werden. — Hier bereiten wir grade mit Partnerverbänden, Thinktanks, Mitgliedern und natürlich Investoren Konzepte und Lösungsvorschläge vor, damit das Momentum und der Optimus bei allen Beteiligten erfolgreich genutzt werden kann.
Frank Dornseifer ist Geschäftsführer beim Bundesverband Alternative Investments e.V., Bonn
Er ist seit über 20 Jahren in unterschiedlichen Funktionen im Investment‑, Kapitalmarkt- und Gesellschaftsrecht aktiv. — Der Finanzausschuss des Bundestages und das Europaparlament haben ihn mehrfach als Sachverständigen in Gesetzgebungsverfahren zum Kapitalmarktrecht benannt. Herr Dornseifer tritt regelmäßig als Referent zu Investment- und Aufsichtsthemen bei Konferenzen im In- und Ausland auf.
dornseifer@bvai.de