
Rheinmetall kauft mit Lürssen-Töchtern NVL Marinesparte zu
Düsseldorf — Ein Powerhouse der Marine in Deutschland: Der Düsseldorfer Technologiekonzern Rheinmetall hat sich mit der Unternehmensgruppe Lürssen über den Erwerb der Naval Vessels Lürssen (NVL B.V. & Co. KG, Bremen-Vegesack) und all ihrer Töchter geeinigt, dem militärischen Bereich der traditionsreichen Werftengruppe. Vorbehaltlich der Genehmigung durch die zuständigen Kartellbehörden streben die Parteien den Vollzug der Übernahme für Anfang 2026 an. Mit dieser bedeutenden strategischen Akquisition weitet Rheinmetall sein Portfolio auf den Marineschiffbau aus und baut seine Position als führender Anbieter für Verteidigungstechnologie in Deutschland und Europa aus.
Beide Parteien haben Stillschweigen bezüglich des Kaufpreises vereinbart.
Armin Papperger, Vorstandsvorsitzender der Rheinmetall AG: „Künftig werden wir zu Lande, zu Wasser, in der Luft und im Weltraum ein relevanter Akteur sein. Rheinmetall entwickelt sich damit zum Domänen-übergreifenden Systemhaus.“
Friedrich Lürßen, Geschäftsführender Gesellschafter der Lürssen Maritime Beteiligungen GmbH & Co. KG: „Wir freuen uns, mit Rheinmetall einen vertrauensvollen und starken Partner gefunden zu haben, der NVL und ihren
Mitarbeitenden eine erfolgreiche Zukunft sichern kann.“
Waffenschmied sticht in See
Der Düsseldorfer Konzern stellt bislang keine Schiffe her, sondern vor allem Rüstungsgüter für die Landstreitkräfte, etwa Panzer, Artillerie oder Flugabwehr. Als Zulieferer ist das Unternehmen auch an der Herstellung des US-Kampfjets F35 beteiligt, ausserdem fertigt die Waffenschmiede Drohnen und bald auch militärische Satelliten. Nun sticht der Rüstungskonzern, der angesichts des Ukraine-Krieges auf einem steilen Wachstumskurs ist und bei Umsatz und Auftragsbestand von einem Rekordwert zum nächsten eilt, gewissermassen in See.
Über Jahrzehnte hat sich Rheinmetall als renommierter Anbieter in der Heerestechnik weltweit einen Namen gemacht, ist seit vielen Jahren aber auch im maritimen Bereich ein bewährter Partner der Marinestreitkräfte zahlreicher Länder. So bietet Rheinmetall für maritime Anwendungen bereits ein ausgewähltes Spektrum moderner Systemkomponenten und ist insbesondere mit Simulationslösungen und maritimen Schutzsystemen ein weltweit führender Anbieter.
Armin Papperger: „Mit der jetzt vereinbarten Übernahme treiben wir die Konsolidierung der Verteidigungsindustrie in Deutschland und Europa entscheidend voran. In Verbindung mit den Rheinmetall-Kompetenzen schaffen wir ein vitales deutsches Kraftzentrum für hochmoderne Überwasser-Schiffe – ein Powerhouse. Die vereinten Fähigkeiten von Rheinmetall und NVL erzeugen gemeinsames Wachstum und ermöglichen eine starke Positionierung unseres Konzerns in der Domäne See. Gleichzeitig leisten wir einen substanziellen Beitrag zur Stärkung der maritimen
Verteidigungsfähigkeiten Deutschlands und der NATO-Partnerstaaten.“
Die aktuelle Konfliktlage zeigt, dass es auch im maritimen Bereich immer mehr auf militärische
Durchsetzungsfähigkeit ankommt. Dem massiv steigenden Bedarf der Seestreitkräfte und den
steigenden Budgets für die Beschaffung will Rheinmetall mit leistungsfähigen Systemlösungen
entsprechen, die über eine hochmoderne digitale Infrastruktur verfügen und das komplette
Spektrum abdecken – von der Plattform über die Elektronik bis hin zu den Sensoren und Effektoren.
Die NVL ist eine privat geführte Werftengruppe mit vier Werften in Norddeutschland (Peene-Werft /
Wolgast, Blohm+Voss und Norderwerft/ Hamburg, Neue Jadewerft/ Wilhelmshaven) sowie
internationalen Standorten. Sie beschäftigt gut 2.100 Mitarbeitende weltweit, erwirtschaftete im
Geschäftsjahr 2024 einen Umsatz von rund 1 MrdEUR und gilt als Vorreiter in der Forschung und
Entwicklung autonomer maritimer Überwassersysteme. Seit den Anfängen vor rund 150 Jahren hat
NVL auf ihren Werften rund 1.000 Schiffe gebaut und an über fünfzig verschiedene Marinen und
Küstenwachen ausgeliefert, sie ist ein etablierter Akteur sowohl im militärischen Schiffbau wie auch
in der Schiffswartung und ‑reparatur. Zuvor als Lürssen Defence bekannt, wurde NVL 2021 von der
Yachtsparte getrennt und als eigenständiges Unternehmen innerhalb der familiengeführten
Unternehmensgruppe Lürssen fortgeführt. NVL betreut Flotten über ihren gesamten Lebenszyklus
hinweg und trägt somit dazu bei, die Deutsche Marine und Navies weltweit jederzeit einsatzbereit zu
halten.
Rheinmetall will komplette Systemlösungen anbieten
Armin Papperger: „Durch den Zukauf werden wir nicht nur zum Produzenten schwimmender Platt-
formen. Als integriertes Marine-Kraftzentrum wollen wir komplette Systemlösungen anbieten. Alle
wertigen Komponenten können wir unseren Kunden in künftigen Programmen aus unserem Partner-
Netzwerk heraus als integrierte Lösung aus einer Hand anbieten: Marine-Flugkörper und ‑Werfer,
Haupt- und Sekundärgeschütze für die Marine, die Raketenabwehr, Sensoren und weitere Elektronik.
Beim Gefechtsführungssystem wollen wir aus unserem Partner-Netzwerk heraus die Integration und
Germanisierung bestehender Lösungen ermöglichen.“
Ein entscheidender Erfolgsfaktor für Rheinmetall liegt darin, dass der Konzern heute schon als
Anbieter im weltweiten Marinegeschäft über hervorragende Marktzugänge verfügt, Präsenzen in den
internationalen Märkten hat und das entsprechende Vertrauen der Kunden genießt.
Ein weiterer Vorteil für Rheinmetall ergibt sich aus der Erweiterung der Fertigungskapazitäten und
der Ausweitung der industriellen Basis des Konzerns in Norddeutschland. Insbesondere mit der
Fahrzeugproduktion der Division Vehicle Systems Rheinmetalls – die u.a. in Kiel und Flensburg
Standorte betreibt – sind auf Basis gemeinsamer Material- und Technologiekompetenzen
Synergieeffekte zu erwarten.
Die Werften von NVL bieten die Möglichkeit, die vorhandene schwere Infrastruktur, das Fachwissen der Mitarbeiter und die Ausrüstungsmöglichkeiten zu nutzen, um die Produktion der Vehicle Systems zu stärken und im Fahrzeugbereich Kapazitätsreserven für die Zukunft zu schaffen. Dadurch gelingt es Rheinmetall, übermäßige Infrastruktur-Investitionen oder umfangreiche Umbauten anderer Fertigungsanlagen zu vermeiden.
www.rheinmetall.com