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Editorials
 
 

Vorwort | Digitale Souveränität ist nicht verhandelbar – insbesondere nicht für die eigenen Daten

 
FYB 2026

Inmit­ten einer Zeit, die von globa­len Umbrü­chen und rasan­tem tech­no­lo­gi­schen Wandel geprägt ist, sehen sich Wirt­schaft, Staat und Gesell­schaft mit einer funda­men­ta­len Heraus­for­de­rung konfron­tiert: der digi­ta­len Souve­rä­ni­tät. Längst ist dies kein abstrak­tes poli­ti­sches Schlag­wort mehr, sondern eine stra­te­gi­sche Notwen­dig­keit, die über die Zukunfts­fä­hig­keit unse­rer Unter­neh­men und unse­res Gemein­we­sens entschei­det. Eine zentrale Rolle nimmt dabei die Finanz­welt ein. Sie steht, als Teil der kriti­schen Infra­struk­tur eines jeden moder­nen Staa­tes, im Zentrum dieser Entwicklung.

Die Digi­ta­li­sie­rung ist der unum­stöß­li­che Motor unse­rer Zeit, ange­trie­ben von einer expo­nen­ti­ell wach­sen­den Daten­flut. Unter­neh­men, die keine digi­tale Wert­schöp­fung gene­rie­ren, sind zuneh­mend hand­lungs­un­fä­hig. Und Daten sind der “Treib­stoff” unse­rer digi­ta­len Wert­schöp­fung. Doch diese Trans­for­ma­tion birgt auch Risi­ken, die unsere Selbst­be­stim­mung und unsere Hand­lungs­frei­heit gefähr­den. Digi­tale Souve­rä­ni­tät bedeu­tet, die Kontrolle über unsere digi­ta­len Infra­struk­tu­ren und Daten zu bewah­ren und Abhän­gig­kei­ten von einzel­nen Anbie­tern zu vermei­den. Sie ist die Grund­lage, auf der wir unsere digi­tale Zukunft sicher und unab­hän­gig gestal­ten können.

Zwischen Selbst­wahr­neh­mung und Fremdbestimmung
Unsere Analyse des deut­schen Mark­tes zeigt jedoch, dass die Selbst­ein­schät­zung vieler Unter­neh­men zu opti­mis­tisch ist. Zwar halten 89 Prozent das Thema­di­gi­tale Souve­rä­ni­tät für wich­tig. Weitere 59 Prozent spüren eine gestie­gene Rele­vanz durch geopo­li­ti­sche Entwick­lun­gen – doch die Umset­zung eige­ner Unab­hän­gig­keits­be­mü­hun­gen hinkt hinter­her. Insbe­son­dere bei zentra­len Hebeln wie der ausschließ­li­chen Nutzung deut­scher Rechen­zen­tren, der Zusam­men­ar­beit mit heimi­schen Anbie­tern oder dem verstärk­ten Einsatz von Open-Source-Lösun­­gen besteht noch großer Hand­lungs­be­darf. Dies führt zu einer erheb­li­chen Abhän­gig­keit von nicht-euro­­päi­­schen, vor allem US-ameri­­ka­­ni­­schen Anbietern.
Ihre Ange­bote entspre­chen nur bedingt unse­ren deut­schen und euro­päi­schen Daten­schutz­stan­dards. – Gesetze wie der US CLOUD Act ermög­li­chen es US-Behör­­den, auf Daten zuzu­grei­fen, die von US-Unter­­neh­­men in der Cloud gespei­chert werden, unab­hän­gig vom Spei­cher­ort. Dies unter­gräbt das Vertrauen in die Daten­sou­ve­rä­ni­tät nachhaltig.

Die eige­nen Schwach­stel­len kennen
Gerade das Finanz­sys­tem, das wie die Ener­gie­ver­sor­gung und der Trans­port­sek­tor zur kriti­schen Infra­struk­tur gehört, steht im Faden­kreuz dieser Entwick­lun­gen. Cyber­an­griffe sind heute ein zentra­ler Bestand­teil hybri­der Kriegsführung.
Die Zahl der Ransom­­ware-Atta­­cken steigt drama­tisch und Ransom­­ware-as-a-Service (RaaS) senkt die Einstiegs­hür­den für Krimi­nelle erheb­lich. Im ersten Halb­jahr 2024 wurden 83 Prozent der deut­schen Unter­neh­men Opfer einer Ransom­­ware-Atta­­cke – fast doppelt so viele wie im Vorjah­res­zeit­raum. Staat­lich geför­derte APT-Grup­­pen (Advan­ced Persis­tent Thre­ats) visie­ren zuneh­mend kriti­sche Infra­struk­tu­ren an, nutzen Zero-Day-Schwach­s­tel­­len und orches­trie­ren Desin­for­ma­ti­ons­kam­pa­gnen zur poli­ti­schen Einfluss­nahme. Die Angriffe sind komplex, gut orga­ni­siert und nutzen modernste Tech­no­lo­gien, wie etwa gene­ra­tive KI zur Auto­ma­ti­sie­rung von Phis­hing-Kampa­­g­nen und der Erstel­lung von Deepfakes.

Die Konse­quen­zen des Verlusts der Kontrolle der eige­nen digi­ta­len Dienste können verhee­rend sein. Dabei müssen diese jedoch nicht zwangs­läu­fig schad­haf­ten Ursprungs sein, wie ein Update-Fehler des Cyber­­se­­cu­rity-Unter­­neh­­mens CrowdStrike im Juli 2024 gezeigt hat. Inner­halb weni­ger Stun­den legte das Update welt­weit rund 8,5 Millio­nen Windows-Compu­­ter lahm. Betrof­fen waren auch Super­märkte, Banken, Kran­ken­häu­ser und TV-Sender. Ein solches Ereig­nis führt uns die Fragi­li­tät einer Welt vor Augen, die von digi­ta­len Mono­po­len domi­niert wird. Es unter­streicht die Dring­lich­keit, die Kontrolle über unsere digi­ta­len Infra­struk­tu­ren zurückzugewinnen.

Wieder unab­hän­gig werden
Die Frage nach digi­ta­ler Souve­rä­ni­tät führt uns unwei­ger­lich zu den grund­le­gen­den Entschei­dun­gen, die wir täglich tref­fen. Wie lassen sich ange­sichts dieser Komple­xi­tät und der stei­gen­den Bedro­hungs­lage Vertrauen und Unab­hän­gig­keit im digi­ta­len Raum sichern? Ein Weg, den wir als Unter­neh­men der Schwarz Gruppe beschrei­ten, liegt in der Schaf­fung digi­ta­ler Infra­struk­tu­ren, die von Grund auf den euro­päi­schen Werten von Daten­schutz und Selbst­be­stim­mung verpflich­tet sind. Es geht darum, Lösun­gen zu etablie­ren, die es Unter­neh­men ermög­li­chen, ihre Daten­ho­heit zu wahren. Dies beinhal­tet Cloud-Plat­t­­for­­men, die mit geored­un­dan­ten Rechen­zen­tren in Deutsch­land und Öster­reich operie­ren und somit euro­päi­schem Recht unter­lie­gen. Ein solcher Ansatz schützt nicht nur vor unbe­fug­tem Daten­zu­griff, etwa durch auslän­di­sche Behör­den im Rahmen von Geset­zen wie dem US CLOUD Act. Ferner sorgt er auch für die notwen­dige Trans­pa­renz und die Frei­heit, Daten bei Bedarf zu migrie­ren. Mit einem Ansatz zur Nutzung von Open-Source-Tech­­no­­lo­­gie wird dadurch die eigene Wahl­frei­heit gestärkt – und ein Vendor Lock-in vermieden.

Voraus­han­deln als Leitmotiv
Digi­tale Souve­rä­ni­tät ist kein Luxus, sondern eine Notwen­dig­keit. Sie ist der Schlüs­sel, um in einer vernetz­ten, aber zugleich fragi­len Welt, lang­fris­tig wett­be­werbs­fä­hig, resi­li­ent und hand­lungs­fä­hig zu blei­ben. Die Poli­tik hat die Aufgabe, den Rahmen zu schaf­fen, doch es liegt an uns allen – an den Entschei­dungs­trä­gern in der Wirt­schaft, in den Finanz­in­sti­tu­tio­nen und im öffent­li­chen Dienst
– diesen Weg entschlos­sen zu beschreiten.

Wir müssen voraus­schauen. Und viel­mehr noch: Wir müssen voraushandeln.
Indem wir auf souve­räne Lösun­gen setzen, die unsere Werte widerspiegeln,
sichern wir nicht nur unsere eige­nen Daten und Geschäfte, sondern tragen auch
dazu bei, ein unab­hän­gi­ges und digi­tal führen­des Europa zu formen.

Chris­tian Müller & Rolf Schumann

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