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3 Fragen an kluge Köpfe

Einfluß erneuerbarer Ernergien auf den Strommarkt in Deutschland

Dazu 3 Fragen an A. Flatz

ZOUK Capi­tal
Foto: A. Flatz | ZOUK Capital
24. Novem­ber 2011

Die Strom­märkte in Deutsch­land haben sich in eine uner­war­tete Rich­tung entwi­ckelt, die Strom­preise sinken. — Alles deutet auf neue Verbrau­cher­mo­dell in der Zukunft hin. Immer mehr Betriebe und Haus­halte könn­ten dazu über­ge­hen, einen immer größe­ren Anteil des eige­nen Strom­be­darfs selbst zu produ­zie­ren. In weni­gen Jahren könn­ten die Gesamt­kos­ten für Strom sogar deut­lich höher liegen, als die Kosten der Eigenproduktion. 


Dazu 3 Fragen an Part­ner bei ZOUK Capi­tal, London

1. Wie entwi­ckelt sich aktu­ell der Strom­markt in Deutschland?

Die Strom­märkte in Deutsch­land haben sich in eine Rich­tung entwi­ckelt, die für viele ganz uner­war­tet kam: Erneu­er­bare Ener­gien senken die Strom­preise! — Im Jahres­durch­schnitt dieses Jahres sind die 12-Monats-Gross­han­dels­preise der EEX sowohl für Grund- wie auch Spit­zen­strom (Peak Load) gesun­ken. Vor allem Peak Load ist durch den star­ken Ausbau der Photo­vol­taik unter Druck gekom­men. Dies führte in Kombi­na­tion mit stei­gen­den Gasprei­sen sogar dazu, dass die Brut­to­mar­gen von Gaskraft­wer­ken für den 12-Monats­kon­trakt für die Grund­last schon seit fast 12 Mona­ten nega­tiv sind. Sogar für Spit­zen­strom konn­ten Gaskraft­werke in diesem Jahr mona­te­land keine posi­tive die Brut­to­marge erwirt­schaf­ten. Der Grund: die Grenz­kos­ten der Produk­tion von erneu­er­ba­ren Ener­gien liegen nahezu bei Null, da Wind und Sonne gratis sind. Das Gaskraft­werk  muß dage­gen für jeden Kubik­me­ter Gas bezah­len. Begüns­tigt wurde diese Entwick­lung durch das außer­ge­wöhn­lich gute Wetter im Jahr 2011. Ein klarer Himmel hat zu extrem güns­ti­gen Voraus­set­zun­gen für Photo­vol­taik-Anla­gen geführt und somit zu unge­wöhn­lich hohen PV-Energieerträgen.

2. Wie kann es sein, dass sich erneu­er­bare Ener­gien so posi­tiv auf den Strom­markt auswirken?

Der Reiz erneu­er­ba­rer Ener­gien sind die gerin­gen opera­ti­ven Kosten. Einmal instal­liert produ­zie­ren diese fast gratis (mit Ausnahme gerin­ger Erhal­tungs­kos­ten). Nun hat der Anteil erneu­er­ba­rer Ener­gien in Deutsch­land fast 25% erreicht. PV und Wind werden lang­sam zur preis­be­stim­men­den Strom­form. — Dieser posi­tive Impuls durch erneu­er­bare Ener­gien auf die Groß­han­dels­strom­preise wurde  so von den Markt­teil­neh­mern nicht erwar­tet. Viel­mehr, dass die Markt­preise nach der Abschal­tung der deut­schen Reak­to­ren stark stei­gen würden. — Das Gegen­teil ist aber einge­trof­fen: das Netz ist nicht zusam­men­ge­bro­chen und die Strom­preise auf Groß­han­dels­ebene sind aufgrund des Einflus­ses erneu­er­ba­rer Ener­gien im Sinken begriffen.

In den letz­ten Jahren sind die Strom­kos­ten für den Endver­brau­cher durch die EEG-Kosten stark gestie­gen. Dieser Anstieg dürfte nun abfla­chen und sich etwa auf der Höhe der Infla­ti­ons­rate einpen­deln – für das Jahr 2012 wurde die Erhö­hung der EEG Kosten mit ca. 3.5% festgelegt.

3. Welche Folgen hat diese Entwick­lung für den Strom­markt und Wettbewerb?

Kurz­fris­tig führen die nied­ri­gen Strom­preise auf der EEX dazu dass, keine neuen Gaskraft­werke gebaut werden. Lang­fris­tig führen die gerin­gen opera­ti­ven Kosten von Wind- und Solar­strom dazu, dass stär­ker zwischen Verbrauchs- und Kapa­zi­täts­kos­ten unter­schie­den wird. Der Preis­me­cha­nis­mus wird sich stär­ker an der Kapa­zi­tät orien­tie­ren. — Mögli­cher­weise wird in eini­gen Jahren eine ähnli­che Situa­tion eintre­ten wie in der Mobil­te­le­kom­mu­ni­ka­tion: ich bezahle monat­lich für die Zurver­fü­gung­stel­lung der Band­breite – also der Kapa­zi­tät – und erhalte eine gewisse Verbrauchs­menge gratis, zum Beispiel 2’000 freien Gesprächs­mi­nu­ten pro Monat werden einer gewis­sen Anzahl von kWh-Verbrauch entspre­chen, die gratis genutzt werden können.

Ich rechne damit, dass diese Entwick­lung die Wett­be­werbs­si­tua­tion Deutsch­lands stär­ken wird. Auch in der Ener­gie­po­li­tik ist Deutsch­land führend: die kurz­fris­tig höhe­ren Ener­gie­preise haben zu Effi­zi­enz­maß­nah­men geführt. Länger­fris­tig werden sich die Ener­gie­preise stabi­li­sie­ren, weil die opera­ti­ven Kosten der Strom­pro­duk­tion weni­ger stark stei­gen werden als wenn eine Volks­wirt­schaft auf Gas, Kohle, Öl oder Nuklear setzt

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