ALTERNATIVE FINANZIERUNGSFORMEN
FÜR UNTERNEHMER UND INVESTOREN
3 Fragen an kluge Köpfe

Kreditfonds machen Banken Konkurrenz

Dazu 3 Fragen an Jan Henrik Reichenbach

Muzi­nich & Co.
Foto: Jan Henrik Reichenbach
2. Mai 2017

Um ihr Entwick­­lungs- und Inno­va­ti­ons­po­ten­zial voll ausschöp­fen zu können, benö­ti­gen mittel­stän­di­sche Unter­neh­men oft finan­zi­elle Mittel in Form von Eigen­ka­pi­tal. Da ein Zugang zum Kapi­tal­markt für kleine mittel­stän­di­sche Unter­neh­men aber aufgrund ihrer Größe nicht möglich und die von Banken gefor­derte Eigen­ka­pi­tal­stär­kung somit häufig nur intern reali­sier­bar ist, besteht eine erhöhte Nach­frage nach alter­na­ti­ven Finan­zie­rungs­in­stru­men­ten. Welche Möglich­kei­ten gibt es hier?


Dazu 3 Fragen an Head of DACH Private Debt bei Muzi­nich & Co.,

1. Wie schät­zen Sie den Bedarf für alter­na­ti­ves Fremd­ka­pi­tal in Deutsch­land ein?

Die Nach­frage nach alter­na­ti­vem Fremd­ka­pi­tal wird u.a. durch die erhöh­ten Eigen­ka­pi­tal-Anfor­de­run­gen an Banken im Rahmen von Basel III beein­flusst. Diese erschwe­ren den Kredit­in­sti­tu­ten in vielen Fällen die Kredit­ver­gabe und eröff­nen dadurch das Feld für alter­na­tive Finan­zie­rungs­for­men. Spezi­ell kleine bis mittel­große Firmen sehen sich mehr und mehr einer restrik­ti­ve­ren Kredit­ver­gabe der Banken ausge­setzt und sind daher auf alter­na­tive Finan­zie­rungs­for­men ange­wie­sen. Solche Finan­zie­run­gen sind jedoch nicht nur als bloßer Ersatz von Banken-Finan­zie­run­gen zu sehen. Aus Sicht des Kredit­neh­mers bieten sie viel­mehr ein diffe­ren­zier­te­res Produkt mit bestimm­ten Vortei­len gegen­über tradi­tio­nel­len Finan­zie­rungs­for­men. So lassen sich alter­na­tive Finan­zie­rungs­for­men indi­vi­du­ell an Unter­neh­mens­be­dürf­nisse anpas­sen und zeich­nen sich durch eine hohe Flexi­bi­li­tät hinsicht­lich Lauf­zeit, Vergü­tung, Rück­zah­lung und Einsatz­mög­lich­kei­ten aus.

 

Auch die Covenants können maßge­schnei­dert auf die Bedürf­nisse des Unter­neh­mens ange­passt werden. Spezi­ell hat sich hier­bei seit eini­gen Jahren auch die Unitran­che als Finan­zie­rungs­form in Deutsch­land etabliert. Sie kann in bestimm­ten Finan­zie­rungs­kon­stel­la­tio­nen als dauer­hafte Alter­na­tive zur tradi­tio­nel­len Banken- und Mezza­nine-Finan­zie­rung gese­hen werden. Weitere denk­bare Spiel­ar­ten alter­na­ti­ver Finan­zie­rungs­for­men reichen von Nach­rang­dar­le­hen bzw. Mezza­nine bis zu soge­nann­ten HoldCo PIKs. Unter diesen Gesichts­punk­ten erwar­ten wir mittel­fris­tig einen inten­si­ve­ren Wett­be­werb bei der Mittel­stands­fi­nan­zie­rung. Kredit­fonds, wie Muzi­nich sie anbie­tet, werden künf­tig neue Regio­nen erschlie­ßen, die bisher von klas­si­schen Bank­kre­di­ten domi­niert wurden.

2. Wie unter­schei­det sich das deut­sche alter­na­tive Fremd­ka­pi­tal­ge­schäft vom Rest Euro­pas oder den USA?

Prin­zi­pi­ell lassen sich zunächst grund­le­gende Unter­schiede zwischen den US-ameri­ka­ni­schen und den euro­päi­schen Kredit­märk­ten ausma­chen, was sich aus der histo­ri­schen Entwick­lung ablei­ten lässt. Im Gegen­satz zum euro­päi­schen Markt hat die Disin­ter­me­dia­tion von regu­lier­ten US-Banken durch Nicht-Banken schon vor über 20 Jahren begon­nen. Hier­zu­lande hat sich dieser Trend erst merk­lich nach Abklin­gen der Finanz­krise in Gang gesetzt. Auch wenn euro­päi­schen Kredit­neh­mern ein ähnli­ches Spek­trum an Finan­zie­rungs­al­ter­na­ti­ven zur Verfü­gung steht wie US-Unter­neh­men, sind die USA dem euro­päi­schen Markt hinsicht­lich Größe und Stan­dar­di­sie­rung um einige Jahre voraus.

 

Die USA verfü­gen im Vergleich zu Europa über einen wenig ausge­bil­de­ten Banken­markt, der nur 10 Prozent der Kredit­ver­gabe ausmacht. In Europa ist diese Zahl bei gut 80 Prozent anzu­sie­deln. Auf dem noch jungen, alter­na­ti­ven euro­päi­schen Finan­zie­rungs­markt ist demnach der Wett­be­werb um Inves­ti­ti­ons­mög­lich­kei­ten für Kapi­tal aus alter­na­ti­ver Quelle größer. Banken in Europa sind aggres­si­ver wenn es darum geht, Markt­an­teile zu vertei­di­gen. Im Gegen­satz zu den USA ist Europa kein einheit­li­cher Markt. Jedes euro­päi­sche Land hat seine eigene Kultur, Rechts­sys­teme sowie ökono­mi­sche Stär­ken und Schwä­chen, wodurch sich auch das Hand­lungs­spek­trum für einen Kredit­ge­ber in Deutsch­land, Italien, Spanien oder Frank­reich unter­schei­det. Es gibt keinen stan­da­ri­sier­ten Ansatz. Deshalb halten wir eine lokale Präsenz in den euro­päi­schen Märk­ten für uner­läss­lich, um in dem klei­nen bis mitt­le­ren Markt­seg­ment erfolg­reich zu sein. Muzi­nich hat lokale Teams in sechs euro­päi­schen Städ­ten und wird noch weitere Stand­orte im Rahmen unse­res Pan-Euro­päi­schen Fonds eröffnen.

3. Gibt es bestimmte Indus­trie-Sekto­ren, die alter­na­ti­ves Kapi­tal bevor­zu­gen gegen­über ande­ren Finanzierungsquellen?

Alter­na­tive Kapi­tal­ge­ber sind in der Regel unab­hän­gig von bestimm­ten Indus­trie­sek­to­ren und weni­ger von Allo­ka­ti­ons­ge­sichts­punk­ten getrie­ben als es zum Teil bei Banken der Fall ist. Sekto­ren, die unter Risi­ko­ge­sichts­punk­ten für Banken schwie­ri­ger sind, wie Retail oder Auto­mo­tive, können von alter­na­ti­ven Kapi­tal­ge­bern unab­hän­gi­ger beur­teilt werden. Darüber hinaus gibt es auch Unter­neh­men in Umbruch­si­tua­tio­nen, die das Kredit­ri­siko ggf. nega­tiv beein­flus­sen. Kredit­neh­mer, die sich somit unter Risi­ko­ge­sichts­punk­ten einer eher restrik­ti­ven Banken­kre­dit­ver­gabe ausge­setzt sehen, sind darauf ange­wie­sen, alter­na­tive Finan­zie­rungs­for­men zu erschlie­ßen, um weiter in ein Unter­neh­mens­wachs­tum inves­tie­ren zu können. Kredit­fonds wie bei Muzi­nich können hier bei der nöti­gen Mittel­be­schaf­fung helfen. Im Übri­gen geht es bei alter­na­ti­vem Fremd­ka­pi­tal nicht darum, Banken als wich­tige Akteure am Finanz­markt zu verdrän­gen, sondern viel­mehr neue flexi­ble und mit dem Vorzug der Risi­ko­tei­lung verse­hene Finan­zie­rungs­quel­len zu erschließen.

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