ALTERNATIVE FINANZIERUNGSFORMEN
FÜR UNTERNEHMER UND INVESTOREN
3 Fragen an kluge Köpfe

2020 — ein gutes Jahr für M&A- und IPO-Aktivitäten

Dazu 3 Fragen an Dr. Heiko Frank

Kloep­fel Corpo­rate Finance
Foto: Dr. Heiko Frank
26. Januar 2021

Corona schien 2020 bei allen Deals erst einmal einen Strich durch die Rech­nung zu machen. Einige laufende Trans­ak­tio­nen wurden in letz­ter Sekunde noch voll­zo­gen. Etli­che Deals wurden verscho­ben, weil niemand wußte, wie sich die Situa­tion entwi­ckeln würde. Für 2021 rech­nen viele Markt­teil­neh­mer weiter­hin mit erheb­li­chen Unsi­cher­hei­ten und Risi­ken. Zugleich sind attrak­tive Inves­ti­ti­ons­op­por­tu­ni­tä­ten zu erwarten.


Dazu 3 Fragen an Dr. Heiko Frank, Mana­ging Direc­tor von Kloep­fel Corpo­rate Finance

1. Sie haben 2020 das deut­sche Unter­neh­men VIA optro­nics erfolg­reich an die NYSE beglei­tet — im Unter­schied zu den 7 IPOs in Deutsch­land. Wie beur­tei­len Sie das vergan­gene Jahr? Welche Akti­en­märkte sind jetzt attrak­tiv und warum?
Es waren 2020 trotz Corona viel Liqui­di­tät und Inter­esse für IPOs im Markt: die welt­wei­ten IPO-Erlöse erhöh­ten sich um 42% von 233 Mrd. USD in 2019 auf 331 Mrd. USD in 2020.  In den USA stieg das IPO-Volu­men sogar um 118% auf 127 Mrd. USD während es sich in Deutsch­land von 3,5 Mrd. EUR in 2019 auf 1,1 Mrd. EUR in 2020 redu­zierte. 2020 war damit das schwächste deut­sche IPO-Jahr seit der Finanz­krise. Diese Zahlen bele­gen eindrück­lich, wieso es für deut­sche Unter­neh­men, insbe­son­dere Tech­no­lo­gie­un­ter­neh­men wie die VIA optro­nics, häufig sinn­haf­ter ist in den USA an die Börse zu gehen als in Deutsch­land: (i) die Nach­frage ist stär­ker, (ii) das Verständ­nis für und Inter­esse an ambi­tio­nier­ten Unter­neh­men sind größer und daraus folgend sind (iii) die Bewer­tun­gen aus Unter­neh­mens­sicht viel attrak­ti­ver. Zudem muss sich ein Unter­neh­men bei der Wahl des Börsen-Stand­or­tes fragen, wo die soge­nann­ten Peers (Vergleichs­un­ter­neh­men) am besten sind. Im Falle der VIA optro­nics sind viele Kunden entwe­der in den USA tätig bzw. in NY gelis­tet. Auch die Frage der Liqui­di­tät eines Börsen­plat­zes ist rele­vant, beson­ders nach einem IPO – denn danach soll ja auch die Aktie „drehen“. Ich anti­zi­piere in 2021 weiter wach­sende IPO Märkte, von der Region her insbe­son­dere in Asien (Singa­pur, Hong­kong, Tokyo) und Nord­ame­rika (NY). Von den Themen­fel­dern sehe ich bei SPACs, Life Scien­ces R&D Firmen bedingt durch die derzei­tige Pande­mie sowie bei Firmen mit einem ausge­spro­che­nen ESG-Fokus Wachs­tums­fel­der. Weiter­hin werden Tech­no­lo­gie-Firmen, alle Arten von Cloud-Platt­for­men inter­es­sante IPO-Kandi­da­ten. Ich glaube aber auch, dass die Volu­mina pro Börsen­gang, soge­nannte IPO-Proceeds, in 2021 sinken werden und im Mittel weit unter € 500 Mio. liegen dürften.
2. Welche Erfah­run­gen haben Sie in 2020 während Ihrer Trans­ak­tio­nen gemacht?
„Unser“ Jahr 2020 ist sehr ähnlich dem Börsen­jahr 2020 verlau­fen: nach einem viel­ver­spre­chen­den Start in den ersten zwei Mona­ten erfolgte ein schnel­les „on-hold“ für Trans­ak­tio­nen in der ersten Jahres­hälfte. Grund war die große Unsi­cher­heit mit dem (i) Umgang der Pande­mie und vor allem (ii) den sich daraus erge­be­nen Konse­quen­zen, was letzt­lich zu (iii) Unklar­hei­ten hinsicht­lich Finan­zier­bar­keit und Unter­neh­mens­werte führte. Die Projekte wurden folg­lich nicht abge­bro­chen, sondern es erfolgte schlicht keine Markt­an­spra­che und wenig Verhand­lun­gen mit direk­ten Kontak­ten. Im Hinter­grund wurde jedoch weiter an den Trans­ak­tio­nen gear­bei­tet. Ab August haben wir dann eine Aufhol­jagd in den Trans­ak­tio­nen gese­hen. Inves­to­ren achte­ten 2020 sehr stark auf nach­hal­tige Geschäfts­mo­delle und waren auch bei den Unter­neh­mens­be­wer­tun­gen sehr vorsich­tig und konser­va­tiv. Die Multi­ples gingen bis auf wenige Ausnah­men en gros etwa um den Multi­ple-Faktor 0,5 runter – in Bran­chen, in denen wir vor der Pande­mie 9,x als Multi­pli­ka­tor gese­hen haben, war es danach eher ein Faktor von 8,x. Mit sechs M&A‑Transaktionen und zwei IPO- bzw. Privat­plat­zie­run­gen haben wir letzt­lich doch ein erfolg­rei­ches Jahr vorzu­wei­sen. Zudem haben wir bei Kloep­fel Corpo­rate Finance das Jahr genutzt, um unser Team gezielt zu verstär­ken und mit Frank­furt, neben Düssel­dorf und München, einen weite­ren Stand­ort zu eröffnen.
3. Die Pande­mie ist für viele Unter­neh­mer ein emotio­na­ler Weck­ruf. Wie schät­zen Sie das 2. Corona-Jahr 2021 ein?
Die gesamte Bran­che erwar­tet eine starke Zunahme der „distres­sed deals“: Credit­re­form-Haupt­ge­schäfts­füh­rer Volker Ulbricht spricht in der Tages­schau von 24.000 Insol­ven­zen oder mehr in 2021. Inso­fern wird es hier für die darauf spezia­li­sierte M&A Commu­nity sicher genü­gend Trans­ak­ti­ons­pro­jekte geben. „Distres­sed“ ist aller­dings nicht unser Fokus. Bei Kloep­fel Corpo­rate Finance konzen­trie­ren wir uns im M&A‑Geschäft auf gesunde Unter­neh­men und Unternehmer*innen, die entwe­der einen Exit suchen oder durch Zukäufe ihre Wett­be­werbs­po­si­tion gezielt stär­ken wollen. Dabei sind der weit­aus größte Teil unse­rer Mid-Cap sell side Mandate (€ 30–250 Mio.) proprie­tär, d.h. durch die Gesellschafter/ Fami­lien initi­iert. Viele Unter­neh­mer, auch die erfolg­rei­chen, haben in den letz­ten 20 Jahren 3 maßgeb­li­che Krisen miter­lebt: die „Neue-Markt“ Krise, die „Finanz­krise“ und jetzt die „Pandemie“-Krise – das zehrt an den meis­ten gestan­de­nen Geschäftsführer(innen). Auch diese Unternehmer/Gesellschafter kommen ins Nach­den­ken und erwä­gen eine Veräu­ße­rung ohne Not und mit ruhi­ger Hand. Wir betreuen aktu­ell mehrere Kauf- und Verkaufs­man­date aus verschie­de­nen, meist struk­tu­rell attrak­ti­ven Indus­trien und Märk­ten und gehen von einer leicht posi­ti­ven Entwick­lung an Trans­ak­tio­nen in diesem Jahr aus. Die hohe Liqui­di­tät, ein weiter­hin sehr nied­ri­ges Zins­ni­veau, die zuneh­mende Anzahl an Cross-Border-Deals, eine Viel­zahl an „suchen­den“ Finanz­in­ves­to­ren und erfolg­reich geführ­ten Unter­neh­men trei­ben diese Entwick­lung auch in den kommen­den 12 Mona­ten.   Über Dr. Heiko Frank Dr. Heiko Frank, promo­vier­ter Betriebs­wirt der Univer­si­tät Augs­burg, ist seit über 20 Jahren im Bereich Corpo­rate Finance tätig. Er beglei­tet seit vielen Jahren eine Viel­zahl an Fami­li­en­un­ter­neh­men, Konzern­ein­hei­ten und Family Offices bei dem Kauf & Verkauf von Unter­neh­men und Unter­neh­mens­tei­len. Durch seine nahezu 30-jährige Tätig­keit im Bereich Profes­sio­nal Services verfügt Dr. Heiko Frank über signi­fi­kante Unter­neh­mer- und Bera­ter­er­fah­rung, u. a. als Vorstand einer global agie­ren­den M&A‑Unternehmensgruppe und Board Commit­tee Member bei einem börsen­no­tier­ten Bera­tungs­un­ter­neh­men. Er ist Aufsichts­rat bei vier mittel­stän­di­schen Unter­neh­men und Handels­rich­ter am Land­ge­richt Augs­burg. Dr. Heiko Frank ist Mana­ging Direc­tor und Co-Foun­der der Kloep­fel Corpo­rate Finance GmbH.   Über Kloep­fel Corpo­rate Finance Als eine der wesent­li­chen Busi­ness Units der Kloep­fel Group hat sich Kloep­fel Corpo­rate Finance auf den Bereich Unter­neh­mens­trans­ak­tio­nen und ‑finan­zie­run­gen spezia­li­siert. Unser Fokus liegt dabei auf Mergers & Acqui­si­ti­ons im Small- und Mid Cap Segment. Wir bera­ten und unter­stüt­zen natio­nale und inter­na­tio­nale Unter­neh­men bei ihren Trans­ak­ti­ons­be­lan­gen, sowohl verkauf- als auch kauf­s­ei­tig. Damit im Zusam­men­hang stehende Finan­zie­rungs­er­for­der­nisse sind eben­falls Schwer­punkt unse­rer Dienstleistung.

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